Von Erkelenz nach Tscheboksary

 

Hallo, ich heiße Jan Mathis und war vom August 2013 bis Juni 2014  in Russland. In dieser Zeit lebte ich als Austauschschüler bei einer russischen Gastfamilie in Tscheboksary, einer Großstadt an der Wolga.

Was ich erlebt habe, erfahrt Ihr /erfahren Sie hier:

Kategorien: Alle Mathis

31. August 2013, 11:24

Über Bürokratie und Synchronisation...

Gestern hatte ich einen Termin in der Schule. Die AFS-Betreuerin, die auch in Moskau dabei war, wollte mir und einer Italienerin, die auch mit mir auf die Schule ging, diese zeigen. Mein Gastvater begleitete mich dahin. Der Schulweg ist echt richtig kurz. Ich muss nur fünf Minuten zu Fuß zur Schule gehen! Zum Vergleich: In Deutschland brauche ich zwischen 45 Minuten und 1 ½ Stunden. Unsere AFS-Betreuerin, die gleichzeitig Englischlehrerin ist, zeigte uns die ganze Schule und die Räume in denen wir lernen sollten. Obwohl die Schule gerade mal 35 Jahre alt ist, sieht sie von außen und von innen ziemlich heruntergekommen aus. Die Gymnasien in Erkelenz sind älter und sehen trotzdem besser aus. Nach der Tour durch die Schule sagte uns unsere Betreuerin was wir am ersten September, dem Schulanfang, vor der gesamten Schule sagen sollten.
Mit meinem Gastbruder, der zwischenzeitlich gekommen war, ging ich nach Hause, holten meine Gastschwester ab und fuhren mit dem Trolleybus zum Bürgeramt. Ich habe mich geirrt als ich geschrieben habe, dass mein Gastbruder den schon abgeholt hat. Denn jetzt fing der ganze bürokratische Kram erst an. Meine Gastschwester und ich saßen im Wartesaal und wir spielten Schere-Stein-Papier und noch einige andere Spiele. Es dauerte mehr als eine halbe Stunde, bis wir endlich gehen konnten. Da sind die Deutschen Behörden ja nichts dagegen. Für meinen Pass musste ich nur ein Foto, meine Eltern und die Geburtsurkunde mitbringen. Die restlichen Daten waren im Computer gespeichert. Mein Gastbruder musste alle Formulare selbst ausfüllen. Auch das Passfoto, das wir gestern gemacht hatten, war für die Beamten nicht in Ordnung. So fuhren wir anschließend wieder zum Fotografen. Zuhause liefen die Simpsons im Fernsehen. Wie bei anderen ausländischen Filmen und Serien ist die Synchronisation ziemlich schlecht. Erstens kriegen es die Sprecher nicht hin gleichzeitig mit den Mundbewegungen des Schauspielers zu sprechen, zweitens hört man die Originalstimmen noch im Hintergrund und drittens gibt es meistens für alle Figuren zwei Sprecher: einen weiblichen und einen männlichen. Ein Hoch auf die Deutschen Synchronsprecher!
Abends kam wieder Kirill vorbei und wieder spielten wir „Uno spin“. Es war anscheinend das richtige Geburtstagsgeschenk für meinen Gastbruder.

Jan Mathis Eckert




29. August 2013, 22:38

Sightseeing in Cheboksary

Bildergalerie 02 http:​/​/​www.​mathis-in-russland.​de/​Bildergalerie

Die Zeit hier vergeht wie im Flug. Jetzt bin ich schon drei Tage bei meiner Familie und ich erlebe täglich so viel Neues, dass man es kaum in Worte fassen kann. Da der Ausflug mit AFS für zehn Uhr geplant war, wollte ich eigentlich früher aufstehen. Mein Gastbruder blieb aber einfach liegen. Hier scheint man das mit der Pünktlichkeit anscheinend ein bisschen anders zu sehen. So standen wir also um 9:​20 Uhr auf und mein Gastbruder war immer noch die Ruhe selbst. Da meine Gastmutter schon bei der Arbeit war, gab es kein besonders ausgefallenes Frühstück. So machten wir uns nach ein paar Scheiben Brot und einer Tasse Tee um 9:​50 Uhr auf den Weg zur Marschrutka. Auch jetzt noch keine Bemerkung dazu, dass wir zu spät waren. Erst als wir schon im Sammeltaxi saßen, wurde ich mit einer kurzen Bemerkung darauf aufmerksam gemacht, dass wir zu spät waren. Das war mir schon klar. So kamen wir mit einer Viertelstunde Verspätung am Treffpunkt an. Die Koordinatorin von AFS war nicht gerade sehr froh, als wir schließlich 15 Minuten später ankamen. Sie hatte bereits einiges über die Geschichte der Stadt erzählt und so musste mir die AFS-Schülerin aus der Schweiz erzählen, was sie gesagt hat. Zuerst fuhren wir mit einem Minibus auf die andere Seite der Bucht und unsere AFS-Koordinatorin erzählte uns einiges über das Volk der Tschuwaschen, die die Ureinwohner dieser Republik waren. Das Beste an dem Ausflug mit AFS war aber, dass ich mal wieder richtig Deutsch mit jemandem sprechen konnte und man sich nicht mehr als der einzige Ausländer fühlte, der von allen angestarrt wurde. Am Ende unserer kleinen Rundfahrt besichtigten wir das Denkmal mit dem dazugehörigen Park zum Tag des Sieges. Dort standen auch einige Militärfahrzeuge und Haubitzen, die die Russen zum Sieg geführt hatten. Vor dem Denkmal gab es sogar eine Ewige Flamme, die an die Gefallenen erinnert. Danach ging es wieder zurück nach Hause. Vorher wollte mein Gastbruder sich aber noch Haribos kaufen. Im Laden gab es genau zwei Sorten: Einmal die Original Goldbären und Haribo Würmer. Wie die meiste Importware, waren die Gummibärchen unverschämt teuer, mein Bruder hat sie sich trotzdem gekauft. Wieder zuhause bekam ich erst einmal ein sehr reichhaltiges Mittagessen von meiner Gastgroßmutter vorgesetzt. Zu trinken gab es – was auch sonst – Tee. Nachmittags gingen wir mit meiner Gastoma zum Fotografen. Der Fotograf hatte allerdings keinen eigenen Laden, sondern er hatte einen nach oben hin offenen Holzverschlag in einer Halle, wo auch noch andere Geschäfte, wie zum Beispiel eine Änderungsschneiderei untergebracht waren. Wir machten einige nette Fotos und gingen nach Hause. Dort kam dann auch wieder der Cousin von meinem Gastbruder zu Besuch und wir spielten gemeinsam „Uno spin“, wovon sie gar nicht genug bekommen konnten. Zum Abendessen gab es heute leckere Hähnchen mit Reis.

Jan Mathis Eckert




28. August 2013, 21:20

Von billigen Schulsachen und teuren Smartphones

Heute bin ich für die Ferien ziemlich früh aufgestanden. Mein Gastbruder und meine Gastmutter waren schon früh aus dem Haus. Sie waren deshalb so früh weg, weil mein Gastbruder seinen Pass abholen wollte, den man in Russland schon mit 14 vorzeigen muss. Zum Frühstück hat mein Gastvater mir angeboten, Eier zu kochen. Ich hatte echt nicht erwartet, dass er gleich fünf Eier für uns beide ins kochende Wasser gelegt hat und ich fragte mich, ob er alleine vier Eier essen wollte. Erst als ich mein erstes Ei aufgegessen hatte, sagte er mir, dass (abgesehen von den zwei Eiern, die er gegessen hat) die anderen Eier auch für mich sind. So habe ich heute zum ersten Mal in meinem Leben drei Eier zum Frühstück gegessen. Ich wusch dann in der Küche das Geschirr ab und mein Gastvater hat sich im Gegenzug sehr bei mir bedankt. Anschließend fuhr er zur Arbeit. Als mein Gastbruder wieder zuhause war, spielte ich zuerst mit ihm „UNO spin“, ein Spiel, das ich ihm zu seinem Geburtstag in einem Päckchen geschickt hatte. Danach zeigte er mir zwei typisch russische Kartenspiele. Das erste Spiel hieß „Durak“ (Dummkopf), wobei ich mich echt wie ein Dummkopf fühlte, da ich das Spiel nicht verstand und mein Gastbruder mir die ganze Zeit helfen musste. Das zweite Spiel war viel einfacher. Man spielte mit 36 Karten und jeder zog abwechselnd vom Stapel und legte die Karten wieder ab. Wenn man zwei gleiche Symbole, wie z.​B. zweimal Pik übereinander legte, musste man den kompletten Stapel aufnehmen und man konnte erst wieder vom Stapel ziehen, wenn man alle Karten aus der Hand abgelegt hatte. Der, der als erster keine Karten mehr hatte, war der Sieger.
Nachmittags gingen meine beiden Gastgeschwister und ich gemeinsam Schulsachen einkaufen. Die sind hier auch ziemlich billig. So bekam mein Gastbruder für etwa 250 Rubel (ca. 4,​70 €) 50 linierte Schulhefte.
Am Abend sind wir noch gemeinsam in einen Gipermarkt (Hypermarkt) gegangen, der direkt um die Ecke ist. Dort habe ich festgestellt, dass Smartphones in Russland gar nicht mal so billig sind, sondern einige sogar noch teurer sind als in Deutschland, wie z.​B. das Samsung Galaxy S4, das hier umgerechnet 40 € mehr kostet.
Was mich heute auch noch gewundert hat: Mein Gastvater hat zu mir gesagt, dass man, um ins Schwimmbad zu kommen, einen ärztlichen Nachweis über den Gesundheitszustand braucht. Stellt euch mal vor, so etwas bräuchte man in Deutschland. Da aber meine Gastgroßmutter Ärztin ist, kann sie mir diese Bescheinigung ausstellen.
Morgen machen wir mit AFS einen Ausflug. Ich bin ja mal gespannt, was die anderen Austauschschüler erlebt haben…

Jan Mathis Eckert




28. August 2013, 09:16

Erster Tag bei meiner Gastfamilie

Am nächsten Tag haben wir dann unsere Sachen eingepackt und sind um 14 Uhr nach Moskau losgefahren. Am Bahnhof haben wir erst einmal unser Gepäck in so einer Gepäckabgabestelle eingeschlossen. Als die Leute die Schlange von AFSern gesehen haben, wurden sie ziemlich unhöflich und haben sich sogar vorgedrängelt, weil wir so langsam waren. Dann sind wir mit der Metro zum Roten Platz gefahren und dort ein bisschen herumgegangen. Leider wurden da gerade Bühnen für ein Festival aufgebaut, weshalb wir nicht so viel vom Platz sehen konnten. Da wir nur sehr wenig Zeit hatten und uns ein Italiener weggelaufen ist, den wir dann suchen mussten, konnte ich nur einen ganz kurzen Blick ins GUM werfen, dem Nobelkaufhaus am Roten Platz. Obwohl ich weniger als eine Minute drin war, habe ich viel von dem Prunk gesehen. Auch die Preise waren unvorstellbar hoch.
Der Zug ging dann um 20:​16. Wir schliefen in einem ganz normalen russischen Gruppenschlafwagen. Das ist wie so ein deutscher Schlafwagen mit 4er-Abteilen. Der einzige Unterschied ist, dass die Türen fehlen und auf dem Gang, gegenüber dem Abteil, noch einmal zwei Schlafplätze sind. Während der Nacht konnte ich auch kaum schlafen, weil wir uns noch ziemlich viel zu erzählen hatten. Am nächsten Morgen kamen wir dann in Cheboksary am Bahnhof an. Die Landschaft ist hier übrigens ziemlich eintönig: Entweder endlose Birkenwälder oder nicht bewirtschaftetes Grasland. In Cheboksary wurde ich sehr herzlich von meiner Gastfamilie begrüßt. Meine Gasteltern sind Mitte Dreißig, also noch sehr jung. Außerdem habe ich eine 8-jährige Gastschwester und einen 14-jährigen Gastbruder. Mit dem Auto (ein erst zwei Wochen alter Honda), hat mein Gastvater erst einmal meine Gastmutter zur Arbeit gebracht und dann sind wir nach Hause gefahren. Von außen sehen die meisten Wohnblöcke nicht schön aus, aber in der Wohnung ist alles sehr schön eingerichtet. Nachdem wir gemeinsam Tee getrunken haben, ist mein Gastvater losgefahren um mich bei den örtlichen Behörden zu registrieren. Mit meinem Gastbruder, dessen Cousin und meiner Schwester fuhren wir dann mit einer Marschrutka, einer Art Sammeltaxi, an die Wolga gefahren. Die ist echt viel breiter als Rhein und Donau zusammen. Dort gingen wir am Ufer entlang und später zeigte mir mein Gastbruder eine riesige Statue, die sogenannte „Mutter Tschuwaschiens“. Zum Mittagessen gingen wir zu McDonalds, der hier übrigens MakDonalds heißt. Ich bestellte mir einen Gamburger (Hamburger) und einen Tschisburger (Cheeseburger). Die komische Schreibweise kommt daher, dass im Russischen Buchstaben, wie z.​B. das „H“ nicht gibt und sie es so mit ihren Buchstaben umschreiben müssen. Danach sind wir in ein ziemlich amerikanisches Einkaufszentrum gegangen mit allen möglichen amerikanischen Modeläden und sogar einem Media-Markt. Kleidung ist hier gar nicht mal so billig, wie man denkt, sondern umgerechnet etwa genauso teuer, wie in Deutschland.
Mit dem Trolleybus, einem Oberleitungsbus, ging es dann zurück nach Hause. Wir sind auch nochmal an der Schule vorbeigelaufen, in der ich die nächsten zehn Monate lernen werde. Das Gebäude ist von außen echt ziemlich hässlich.
Am Abend verteilte ich die Gastgeschenke. Alle haben sich sehr darüber gefreut und auch sofort festgestellt, dass alle Geschenke „Made in Germany“ waren, was in Russland bekanntlich für allerhöchste Qualität steht. Meine Gastmutter hat sich besonders über den Bildband aus Deutschland gefreut und bewundert, wie schön es in Deutschland überall ist. Mein Gastvater hat auch gesagt, dass er mit seinem Lamy-Tintenroller am nächsten Tag direkt einen Vertrag in seiner Firma unterschreiben will. Auch das Design des Stifts hat ihm sehr gefallen. Bei meinen beiden Gastgeschwistern kamen die Geschenke auch sehr gut an. Also habe ich beim Kauf nichts falsch gemacht. Hier noch einmal einen riesigen Dank an meine Mutter, die mit mir viele Stunden in der Stadt verbracht hat die Geschenke auszusuchen.
Auch deutsche Süßigkeiten, wie z.​B. Haribo kommen sehr gut an. Als ich diese auf den Küchentisch gelegt habe, waren sie innerhalb von wenigen Minuten aufgegessen.

Jan Mathis Eckert




27. August 2013, 22:24

Von Erkelenz nach Moskau

Bildergalerie 01 http:​/​/​www.​mathis-in-russland.​de/​Bildergalerie
Heute ging es für mich für 10 Monate nach Russland. Nachdem ich mich früh morgens von meinen Eltern am Bahnhof verabschiedet hatte, fuhr ich mit dem Zug nach Frankfurt. Dort warteten auch schon die 18 anderen AFSer, die mit mir nach Russland gehen. Die Leute von der Lufthansa waren echt nett und so konnte ich ohne Probleme das zweite Handgepäckstück, meine Geige mitnehmen. Die Sicht aus dem Fenster während des Fluges war nicht sehr gut, da der Himmel von Wolken bedeckt war. Erst im Landeanflug auf Moskau lockerten die Wolken auf und gaben einen Blick auf riesige Wohnblöcke frei, die noch wesentlich größer waren, als die aus der ehemaligen DDR. Am Flughafen haben wir erst einmal unsere Migrationskarte abgeholt, ohne die man nicht ins Land kommt. Beim Zoll geriet ich dann zum ersten Mal in die Bürokratie Russlands. Meine Geige entsprach nicht den Zollbedingungen und so musste ich einen Fragebogen über meine Geige ausfüllen. Die lückenhaften Erklärungen machten alles auch nicht leichter. Außerdem waren die Beamten, die schlecht Englisch sprachen auch keine große Hilfe. Schließlich habe ich es dann doch hingekriegt und die Zollerklärung bekommen, die ich bis zur Abreise aufbewahren muss. Obwohl das Wetter bei der Landung noch schön war, hat es danach richtig stark geregnet. Dann sind wir eine Stunde zu einer Freizeitanlage gefahren, wo wir das AFS-Camp hatten. Erster Eindruck: alle Busse sind ehemals deutsche Busse (Beweis: das Schild "Notausstieg"). Außerdem gibt es entlang der Straßen extrem viele Schilder mit Werbung. Im Camp trafen wir die anderen 160 AFSer, die aus 25 Ländern kommen. Das Abendessen war nicht sonderlich gut, wir haben es aber trotzdem gegessen. Im Gegensatz zu Deutschland sind hier alle drei Mahlzeiten warm, bzw. lauwarm. Ich habe schon ein bisschen das deutsche Frühstück vermisst.
Am nächsten Tag wurden wir in zehn Gruppen eingeteilt und haben uns innerhalb der Gruppen kennengelernt und eine Russisch-Stunde gehabt, die allerdings kaum was gebracht hat. Danach habe ich mich mit den anderen AFSern getroffen, die mit mir nach Cheboksary gehen. Wir sind übrigens neun: Ein Türke, der kein Englisch und Russisch spricht, trotzdem total nett ist, eine Chinesin, die auch kein Englisch spricht, ein Japaner, zwei Italiener, eine Schweizerin, eine Berlinerin, die auch kein Englisch spricht und eine Thailänderin. Das wird auf jeden Fall sehr lustig. Dann gab es noch ein Abendprogramm auf dem die Betreuer uns russische Tänze zeigten. Am nächsten Tag war das Programm ähnlich. Am Abend haben wir nur Deutschland vorgestellt. Die Idee Deutschland in eurythmisch zu tanzen, kam nicht von mir. Als wir das dann getanzt haben, haben wir eine Deutschlandfahne an Bent, dem größten Deutschen, dem "Fahnenmast" hochgezogen und die Nationalhymne gesummt. Fast alle anderen Länder hatten ein kreativeres Programm mit Volkstänzen, aber unser Ziel war es nur, besser als die Italiener zu sein und das haben wir geschafft.

Jan Mathis Eckert




22. August 2013, 18:49

WZ-Bericht vom 30.4.2013

Bericht in der Westdeutschen Zeitung (Lokalredaktion Krefeld) vom 30. April

Redakteur



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