Von Erkelenz nach Tscheboksary

 

Hallo, ich heiße Jan Mathis und war vom August 2013 bis Juni 2014  in Russland. In dieser Zeit lebte ich als Austauschschüler bei einer russischen Gastfamilie in Tscheboksary, einer Großstadt an der Wolga.

Was ich erlebt habe, erfahrt Ihr /erfahren Sie hier:

Kategorien: Alle Mathis

05. März 2014, 16:01

Endlich 17!

Am Samstag, den 22. Februar, hatte ich schließlich Geburtstag. Ich wollte eigentlich ausschlafen, aber das ging ja nicht, da ja samstags in Russland Schule ist. Morgens gratulierte mir erst meine Gastfamilie und danach in der Schule alle Schüler, mit denen ich irgendwann einmal Kontakt hatte. Ich wusste auch nicht, woher sie alle wussten, dass ich heute Geburtstag hatte.
Nach der ersten Stunde (Russisch in der Klasse meiner Gastmutter) wurde ich dann von meiner AFS-Betreuerin angerufen, da ich aus der Klasse raus gehen sollte. Im Zimmer der Englischlehrerin wartete schließlich eine Überraschung auf mich. Die elfte und die fünfte Klasse hatten ein Plakat für mich vorbereitet und zusätzlich noch 17 Luftballons zu einer großen Kugel zusammengebunden. Man sang für mich „Zum Geburtstag viel Glück“ in drei Sprachen: Russisch, Englisch und Deutsch. Danach wurden mir Geschenke überreicht. Ich bekam zum Beispiel das Buch Puschkins „Eugen Onegin“, viel Schokolade, Geburtstagskärtchen und noch Anderes. Dann musste ich mich noch auf einen Stuhl setzen und wurde 17 Mal von den Elftklässlern hochgehoben. Auch eine andere russische Tradition ließ ich, ohne zu murren, über mich ergehen: Mir wurde 17 Mal an den Ohren gezogen (zum Glück nicht so kräftig). Später aßen wir noch Kuchen, bevor es für mich zur nächsten Stunde ging. Als ich an der achten Klasse vorbeiging, bemerkte ich, dass auch sie etwas für mich vorbereitet hatten. Auch von ihnen bekam ich ein nett bemaltes Plakat zum Geburtstag und, was ganz toll war: Luftballons mit Helium! Auch jetzt aßen wir wieder Kuchen. Nach der Schule war ich auf jeden Fall ziemlich satt, da ich dreimal mehrere Stücke Kuchen gegessen hatte. Leider konnte ich nicht alle (insgesamt 26 Luftballons) mit nach Hause nehmen, so nahm ich nur die Luftballons mit Helium mit. Nachmittags lernte ich den Text für den letzten Block meines Videos für AFS und nahm es später mit meinem Gastbruder auf. Obwohl es ein etwas anstrengender Tag war, war es echt toll. Danke AFS!
Am Sonntag wurde in Russland der Tag des Vaterlandsverteidigers gefeiert. Wie schon im vorherigen Blogeintrag erklärt, ist dieser Tag wie der deutsche Vatertag. Nachdem ich meinem Gastvater und –bruder gratuliert hatte, rief ich noch meine Russischlehrerin, Valentina N. an, da sie zufälligerweise auch an diesem Tag Geburtstag hatte. Am Abend fuhren wir zur Direktorin meiner Schule, die gleichzeitig auch eine gute Freundin meiner Gastmutter ist. Sie schenkte mir zwei tschuwaschische Tonfiguren zum Geburtstag. Dafür, dass ich mich jetzt zum ersten Mal mit ihr richtig unterhielt, war ich echt überrascht, dass sie an mich gedacht hatte. In Deutschland wäre mir das auf jeden Fall nicht passiert.

Jan Mathis Eckert




26. Februar 2014, 16:53

Marschieren in der Schule

Am Freitag wurde in der Schule der Tag des Vaterlandsverteidigers (in etwa wie der Vatertag in Deutschland) gefeiert, obwohl er eigentlich erst am Sonntag war. Ich war ziemlich erstaunt, als sich nach der vierten Stunde ein Großteil der Schule in der Aula versammelte, um den Klassen beim Marschieren zuzusehen. Zuerst traten die Klassen zwei bis vier auf. Zuerst mussten sie sich beim „Kommandanten“ anmelden. Dieser war ein Lehrer der Schule, der wie fast jeder männliche Russe seinen Wehrdienst geleistet hatte und eine Uniform trug. Die Kinder marschierten dann im Kreis mehrmals durch die Turnhalle und sangen patriotische Lieder. Für mich als Außenstehenden war das alles ziemlich komisch und ich war froh, dass wir in Deutschland nicht marschieren müssen. Die einzelnen Klassen wurden dann von einer Jury beurteilt, die aus Armeeangehörigen bestand. Besonders seltsam fand ich, dass die meisten Klassen von Mädchen angeführt wurden, die dann die Kommandos durch die Turnhalle brüllten. Nach der Aufführung bekamen dann die Sieger dieses seltsamen Wettbewerbes Geschenke von der Jury und von den Lehrern überreicht. Zum Schluss marschierten alle Klassen noch einmal gemeinsam durch die Halle und nach einer patriotischen Rede, auf die die Kinder dann mit einem dreimaligen „Ich diene Russland“ antworteten, gingen alle. Damit war aber lange noch nicht Schluss, da nach einer Stunde Pause die höheren Klassen auftraten. Ich wartete geduldig und schließlich fing die Parade, oder wie auch immer man so etwas nennt, an. Das Programm war diesmal schon etwas anspruchsvoller und insgesamt marschierten sie ordentlicher als die neunjährigen Zweitklässler.
Besonders beeindruckt war ich von den Achtklässlern. Sie hatten ein eigenes Programm aufgestellt und marschierten nicht nur im Kreis herum, wie die anderen Klassen. So marschierten einzelne Schüler auf Befehl irgendwelche Formen und führten auch andere Befehle durch.
Trotzdem wunderte mich es sehr, dass die Schüler nicht die Nationalhymne sangen. Das hätte zu diesem Anlass echt gepasst.

Jan Mathis Eckert




16. Februar 2014, 17:37

"Miss School 2014"

Am Montag war ich ziemlich verblüfft, dass es in der Schule eine Wahl zur „Miss School 2014“ gab. Zwar wurde mir vorher gesagt, dass ich Fluch der Karibik auf der Geige vorspielen sollte, allerdings hatte ich nicht mit so etwa gerechnet. Nach der sechsten Stunde versammelten sich also die teilnehmenden Klassen, die ihre Kandidatinnen unterstützten. Die Teilnehmerinnen kamen alle aus den Klassen acht bis elf. Am Anfang sollten sich alle mit einer Powerpoint-Präsentation vorstellen und danach mit ihrer Klasse eine kleine Choreographie vorführen. Danach folgten einige Wettbewerbe, die in Deutschland als sexistisch gelten würden. So sollte die perfekte „Miss School“ nicht nur gut singen können, sie sollte auch noch wissen, welche Lebensmittel zu welchen Lebensmittelgruppen gehören. Wäre Alice Schwarzer nicht über ihre Schweizer Bankkonto gestolpert, hätte sie sicherlich einige Worte zu sagen gehabt…
Als ich nach dem Wettbewerb mit einigen Teilnehmerinnen sprach, sagten sie mir, dass viele von ihnen überhaupt nicht teilnehmen wollten, sondern von ihrer Klasse dazu gezwungen wurden. So läuft das hier also ab…
Am Abend filmte ich noch gemeinsam mit meinem Gastbruder den ersten Teil meines Filmes für den Wettbewerb von AFS.
Am Mittwoch ging ich nach der Schule sofort ins tschuwaschische Nationalmuseum im Stadtzentrum. Von einer Freundin meiner Gastmutter war ich dort zu einer Führung eingeladen worden. So traf ich mich dort mit ihr und sie führte mich durch das Museum. Zuerst sahen wir uns eine Videosimulation von Cheboksary an, die genau heute vorgestellt wurde. Danach sah ich mir noch die Ausstellung der Volkstrachten an und fand unter den Ausstellungsstücken sogar einige deutsche Exponate, wie zum Beispiel eine preußische Pickelhaube. Auf der nächsten Etage zeigte mir ein ziemlich netter Russe, wie früher in der Dunkelkammer die Fotos hergestellt wurden.
Es war insgesamt echt interessant und für Russland ein ziemlich nett gestaltetes Museum.
Am Freitag und Samstag musste ich in der Schule länger bleiben. Der Grund waren die vielen Proben für die Vorstellung des Buches „The Great Gatsby“. Selbst heute musste ich in die Schule, da wir heute ein Video aufnahmen. Dazu hatte die Englischlehrerin irgendeinen Profi bestellt, der uns dann mit seiner professionellen Ausrüstung filmte. Im Nachhinein weiß ich echt nicht, wieso ich überhaupt zu all diesen Proben gegangen bin, da ich den Text schon längst kannte und mich auch sonst auf mein Improvisationstalent verließ.
Zum Glück bin ich damit jetzt fertig geworden und ich kann mich ab sofort voll und ganz auf mein Projekt konzentrieren.

Jan Mathis Eckert




16. Februar 2014, 15:45

Eine Woche voller Musik

Ich entschuldige mich dafür, dass ich so lange nichts mehr in meinen Blog geschrieben habe. Ich habe im Moment ziemlich wenig Zeit, da ich viel zu tun habe. Einerseits muss ich ein Video für einen Wettbewerb drehen, bei dem ich eine Reise in den Süden Russlands (nach Wolgograd, Krasnodar und Astrachan) gewinnen kann. Andererseits muss ich auch noch an einem englischen Wettbewerb teilnehmen, der mir auch ziemlich viel Zeit kostet. Zum Glück haben wir heute das Video für den ersten Wettbewerb aufgenommen. Deshalb habe ich auch wieder Zeit, meinen Blog zu aktualisieren.
In der vorletzten Woche wurde ich von meinem Nachbarn, dem Opernsänger, zu einer Operette eingeladen. Dazu bekam ich vier Tickets für die Vorstellung noch am selben Abend. Gemeinsam mit meinem Gastvater, meinem Gastbruder und meiner Gastoma ging ich ins Theater. Meine Gastmutter konnte nicht mitkommen, da nach der Schule noch ziemlich vielen Kindern russischen Nachhilfeunterricht gibt. Das Theater liegt gerade mal fünf Minuten zu Fuß von unserer Wohnung entfernt. Abgesehen davon, dass ich jetzt jeden Tag 30 Minuten in der Marschrutka zur Schule fahren muss, hat der neue Wohnsitz echt nur Vorteile. So sind zum Beispiel alle wichtigen Museen, Theater und Parks ziemlich nah und man kann sie bequem zu Fuß erreichen.
Im Theater gingen wir, wie gewohnt, durch den Metalldetektor, der am Eingang stand. Er war, wie auch sonst, nicht in Betrieb und ich fragte mich nicht zum ersten Mal, wozu dieses Gerät überhaupt aufgestellt wurde. Ich fragte meinen Gastbruder, was es damit auf sich hatte und er sagte mir, dass das nur zur Abschreckung diente. Das kam mir auch etwas spanisch vor, da der Metalldetektor ja zur Abschreckung eingeschaltet sein müsste.
Aus dem Programm entnahm ich, dass die Operette, die wir uns anschauten, „Sylva“ hieß. Von einer Operette mit diesem Namen hatte ich noch nie etwas gehört. Mir wurde aber nach dem ersten Stück, das das Orchester spielte, klar, dass es sich um die „Csárdásfürstin“ von Kálmán handelte. Ich hatte es in Deutschland zum Glück schon einmal gesehen und wusste so, worum es ging. Auch sonst verstand ich ziemlich viel, da nicht, wie bei Othello, ausschließlich gesungen wurde.
Ich erlebte auch zum ersten Mal, dass es während einer Operette drei, anstatt der gewohnten zwei Pausen gab. Dadurch dauerte die Vorführung ziemlich lange.
Am vorletzten Mittwoch sollte ich meine Geige mit in die Schule bringen. Da es draußen ziemlich kalt war, hatte ich etwas Angst um meine Geige, da sie ja schon eine Woche vorher wegen der Temperaturen sich ziemlich verstimmt hatte. In der Schule dann traf ich mich mit der Leiterin des Orchesters „Kammerton“ und wir fuhren gemeinsam mit ihrer Tochter, die an der Musikhochschule Geige spielte in ein Studio. Dort sollten wir die Stücke, die wir spielten, aufzeichnen. Es klappte bei mir alles sehr gut und hörte sich, dank der hochwertigen Technik auch ziemlich gut an. Allerdings konnte die 19-jährige Musikstudentin Marina nicht alle Stücke sauber spielen, weshalb ihr Teil dann an einigen Stellen rausgeschnitten wurde.
Am Donnerstag trat ich dann mit dem Xylophon-Orchester „Kammerton“ vor wichtigen Direktoren und Politikern des Viertels in der Schule auf. Ich hatte es vorher auch noch nie erlebt, dass gleich ein ganzes Orchester vor ein paar „hohen Tieren“ während irgendeines Vortrages auftritt. Da es in dem Saal ziemlich kalt war, bekam ich infolgedessen einen Schnupfen, worauf ich zwei Tage nicht in die Schule ging. Allerdings musste ich am Freitag, krank, wie ich war, noch einmal in die Schule zu einem anderen Konzert. Ich fühlte mich wirklich schlecht und war froh, als ich mich wieder zuhause ins Bett legen konnte.

Jan Mathis Eckert




02. Februar 2014, 12:09

Vortrag über Schlaflieder

Die vergangene Woche war ziemlich stressig. Zuerst war meine Geige wegen der russischen Kälte kaputt gegangen. Der Steg und das Stimmstöckchen waren verrutscht. Zum Glück konnte mir da die Musiklehrerin aus der Schule weiterhelfen. Sie kannte einen Dozenten ihrer Tochter in der Universität, der mir weiterhelfen könnte. So gab ich ihr meine Geige mit und bekam sie am nächsten Tag wieder. Die Geige war zwar gestimmt, hatte aber überhaupt keinen Klang mehr. Ich sprach noch einmal mit der Musiklehrerin und sie sagte mir, dass ich mit ihrer Tochter noch einmal gemeinsam zu diesem Lehrer gehen sollte. Als wir dann bei ihm waren, erklärte er mir, dass er den Steg nach mathematischen Regeln aufgestellt hätte. Ihm war wohl nicht bewusst, dass jede Geige (abgesehen von den Fabrikgeigen) ein Unikat ist und dementsprechend auch unterschiedlich ist. Schließlich stellte er den Steg wieder an seinen ursprünglichen Platz zurück und sofort klang meine Geige wieder wie früher.
Während der Woche übte ich mit einer Neuntklässlerin und der Englischlehrerin für die Teilnahme an der „praktisch-theoretischen Konferenz“ in meiner Schule. Die Freundin der Lehrerin hatte sich schon seit einiger Zeit mit dem Thema Schlaflieder auseinandergesetzt und eine Umfrage gestartet, an der bislang 200 Schüler und Eltern aus zwei Schulen teilgenommen hatten. So wurde zum Beispiel gefragt, welches das Lieblingslied des Befragten sei und ob ihm oder ihr früher Schlaflieder vorgesungen wurden. Viele Jungs hatten keine Schlaflieder gehört.
Gestern traten wir schließlich auf. Mir war es ziemlich peinlich, dass den Lehrern aus unserer und aus anderen Schulen und den Schülern das Interview gezeigt wurde, das ich vor zwei Wochen mit der Musikerin aus Kasan geführt hatte. Der Vortrag verlief relativ gut und wir bekamen viel Applaus. Am Ende des Vortrages sang ich den Zuhörern noch „Guten Abend, gute Nacht“ als Beispiel für ein deutsches Schlaflied vor.
Da wir nicht den einzigen Vortrag hielten, war ich ziemlich verwundert, dass wir den ersten Preis bekamen. Meines Erachtens hatten wir nämlich nicht den besten Vortrag gehalten und fand es dementsprechend etwas unfair den anderen Schülern gegenüber, die sicherlich viel länger als wir geprobt hatten und sich auch schon seit längerem mit dem Thema auseinandergesetzt hatten.

Jan Mathis Eckert




01. Februar 2014, 19:35

Ein schottisches Festival, das mir spanisch vorkommt...

Ich habe lange nicht mehr geschrieben und es ist wieder mal an der Zeit, dass ich meinen Blog aktualisiere. Mittlerweile haben wir hier in Cheboksary einen richtigen russischen Winter. Die Durchschnittstemperatur liegt unter -20 °C und an einem Tag hatten wir hier sogar -33°C. An diesem Tag hätte ich eigentlich nicht zur Schule gemusst. Ab einer Temperatur unter -30 °C entscheiden die Schüler selbst, ob sie gehen oder nicht. Ich ging aber trotzdem. Obwohl ich alle warmen Sachen, die ich hatte, angezogen habe, war mir auf der Straße immer noch kalt. Selbst in den Marschrutkas war an den Fensterscheiben die feuchte Atemluft zu Eis gefroren. Die Heizung lief währenddessen auf der höchstmöglichen Stufe. Ich war froh, als ich endlich in der Schule angekommen war, da es da zum Glück warm war. Auf dem Rückweg von der Schule nach Hause war das Wetter dann auf einmal wunderschön. Die Sonne schien und, wenn man nicht gerade im Schatten stand, wurde einem trotz der Minusgrade schön warm.
Am vergangenen Samstag war ich auf einem Festival zum Thema Schottland. Meine Englischlehrerin hatte mich eingeladen und so kam ich gemeinsam mit einigen Mitschülern abends ins Zentrum. Ich hatte eigentlich erwartet, dass eine Gruppe aus Schottland auftreten würde. Es stellte sich schließlich heraus, dass irgendeine Gruppe von Interessierten seit fünf Jahren eine Woche der schottischen Kultur organisiert. Dieses Festival sollte der Abschluss der Woche sein. Verkleidet mit Schottenröcken und wallenden Kleidern zeigten die Mitglieder uns schließlich vermeintlich schottische Tänze. Mir kam es aber eher so vor, als ob sich diese Schauspieler aus den Vorurteilen über Schotten ein Programm gebastelt hatten und uns es jetzt präsentierten. Sie zeigten einige Tänze und einen Kampf zwischen „Stammeshäuptlingen“. Außerdem bekamen wir traditionell „schottische“ Lieder zu hören.
Mich wunderte wirklich, dass sogar ein echter Schotte da war, der am Ende der Aufführung sogar einige Worte auf Russisch sagte. Nach der Aufführung wechselte ich noch einige Worte mit ihm und ich erfuhr von ihm, dass er Marxist sei und in Moskau bei einer Universitätsdozentin wohne.
Danach ging ich noch etwas mit einigen Klassenkameradinnen spazieren, bevor ich nach Hause ging.

Jan Mathis Eckert




26. Januar 2014, 19:57

Neue Gastfamilie!

Es hat sich seit dem letzten Wochenende einiges getan. Aus verschiedenen Gründen wollte ich seit Mitte Dezember die Gastfamilie wechseln. Ich sagte es meiner Betreuerin und meiner Russischlehrerin, die dann mit der Suche nach einer neuen Gastfamilie anfingen. Schon am nächsten Tag hatte meine Russischlehrerin eine neue Familie, die bereit war, mich aufzunehmen, gefunden. Eine Russischlehrerin aus meiner Schule wollte mich aufnehmen. Allerdings musste noch der ganze Dokumentenkram geregelt werden. Anfang der vergangenen Woche war es dann soweit: Die Chefin von AFS-Cheboksary hat zugestimmt und ich konnte wechseln.
Am Montag habe ich meiner alten Gastfamilie davon erzählt. Meine Gastschwester, mein Gastbruder und meine Gastoma, mit der ich die letzte Woche zusammen gewohnt hatte, waren ziemlich traurig, dass ich ging.
Am Dienstag packte ich nach der Geschichtsstunde meine Sachen ein und fuhr dann mit der meiner neuen Gastmutter zu meinem neuen Zuhause. Ich erfuhr, dass meine neue Gastfamilie, bestehend aus meinen Gasteltern, meinem 24-jährigen Gastbruder Ljocha und meiner neuen Gastoma, fast jeden Sommer nach Deutschland fährt, da sie große Deutschlandfans sind. Die Wohnung ist um einiges größer als bei der alten Gastfamilie. Sie befindet sich im zehnten Stockwerk eines Hauses nah der Bucht und aus dem Fenster hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Wolga. Da meine Gastmutter ziemlich viel zu tun hat und sofort, als wir nach Hause kamen, mit dem Kochen anfing, ging ich zu meiner neuen Gastoma und unterhielt mich mit ihr. Sie stammt aus Sibirien und kennt auch einige deutsche Familien. Ich erzählte ihr dann etwas über mich, bevor es zum Essen ging. Jeden Tag gibt es hier das Essen um 17:​15 Uhr, zu dem dann auch mein Gastvater mit Ljocha kommt, der schon selbst arbeitet. Mit meinem neuen Gastvater verstand ich mich auf Anhieb gut. Er ist total nett und mit ihm kann ich mich über alles Mögliche unterhalten. Abends guckten wir dann mit dem 3D-Fernseher meines Gastbruders einen Film. Danach rief ich noch meine Eltern über Skype an und ging dann schlafen.

Jan Mathis Eckert




22. Januar 2014, 16:46

Mid-of-Stay-Camp

Am Samstagmorgen stand ich um 6 Uhr auf und packte ein paar Sachen für die eine Nacht im Camp ein. Um kurz vor sieben fuhr ich dann mit der Marschrutka ins Stadtzentrum und stieg in den Bus der schon auf uns wartete. Gemeinsam mit den anderen AFSern aus Cheboksary und Kasan fuhren wir los und kamen Punkt acht an. Mit Shota, dem einzigen anderen Jungen sollte ich mir eine Wohnung teilen. Nachdem wir ausgepackt hatten, gingen wir ins Hauptgebäude zum Frühstück, das nicht sehr lecker war. Danach fing unsere theoretische Arbeit an. Bis zum Mittagessen nahmen wir die verschiedenen Stimmungshochs und –tiefs durch, die einen Austauschschüler gewöhnlich im Laufe seines Austauschjahres durchläuft. Es war nicht gerade sehr interessant, also waren wir froh als wir die erste Pause hatten. Die Betreuerin aus Kasan war auch dabei und so spielten wir wieder Gruppenspiele. Nach dem Mittagessen, das auch nicht gerade sehr lecker schmeckte (es bestand aus ehemals warmem Kartoffelbrei mit Würstchen), ging das Programm weiter.
Jeder hatte die Aufgabe, über ein spezielles Thema über Russland möglichst viele Fakten aufzuschreiben. Ich hatte die russische Geschichte und da ich viel wusste schrieb ich auch viel. Die AFS-Betreuer, darunter meine Russischlehrerin waren sehr erstaunt, wie viel ich wusste.
Nach dem Abendessen, das genau so gut/​schlecht wie das Mittagessen war, hatte man eine Disko für uns organisiert. Shota und ich hatten aber nicht wirklich Bock darauf und so gingen wir schon nach vierzig Minuten in der Disko schlafen. Die Nacht vom 18. auf den 19. Januar war in diesem Jahr in Russland heilig. In dieser Nacht wird die Taufe Christi gefeiert und viele Russen gehen in der zugefrorenen Wolga baden. Dafür werden extra Löcher ins Eis gesägt an denen dann auch medizinische Hilfe angeboten wird. Der Glaube sagt, dass in dieser Nacht das Wasser heilig ist und wenn man dann Baden geht, werde man im darauffolgenden Jahr nicht krank werden. Leider wurde uns das Eis-Baden von AFS verboten, so begnügte ich mich am nächsten morgen mit einer Dusche. Am Sonntag besprachen wir noch kurz unsere Verhältnisse zur Gastfamilie und fuhren dann nach dem Mittagessen zurück nach Cheboksary.
Als ich zuhause ankam, war der Rest der Familie auch erholt aus Ägypten angekommen und hatte einige Souvenirs mitgebracht. Am Abend schauten wir uns noch einige Fotos vom Urlaub an und gingen dann schlafen.

Jan Mathis Eckert




17. Januar 2014, 20:31

Ein erfolgreiches Konzert...

Als ich heute in die Schule ging nahm ich meine Geige mit, da ich um ein Uhr sofort in die Stadt musste. Nach der Schule wurde ich also von der Kollegin meiner Englischlehrerin mit dem Taxi abgeholt und in die Stadt gebracht. Dort machten wir uns erst einmal auf die Suche nach einem vernünftigen Café, was gar nicht so einfach war. Sie wollte für die Gäste aus Kasan ein kleines Essen organisieren und schließlich fanden wir eins, das sich aber als nicht sonderlich gut herausstellte. Zwar war die Einrichtung relativ schön, allerdings war das Essen nicht sonderlich gut. Schließlich kam die Musikerin aus Kasan mit ihrer Begleiterin und wir aßen. Ich muss mich in diesem Punkt etwas korrigieren: Sie war keine Doktorandin, sondern eine Musikerin, die mit ausländischen Studenten an der Universität in Kasan russische Volksmusik einstudierte. Das sollte den Studenten dabei helfen, das Russische schneller zu lernen. Nach einer Soljanka (russische Suppe, ursprünglich aus Essensresten gemacht), die erstens kalt und zweitens für mich zu viel Fleisch enthielt und Schaschlik ohne Geschmack gingen wir zusammen in die Nationalbibliothek Tschuwaschiens, wo das Seminar vor den Russisch- und Literaturlehrern stattfinden sollte. Die ehemalige Kollegin meiner Englischlehrerin, die diese Veranstaltung alleine organisiert hatte, hielt schon einen kurzen Vortrag, als wir ankamen. Dann kam die Musikerin, Julia Siganschina, auf die Bühne und erzählte mehr von ihrer Arbeit mit den Studenten. Es war relativ interessant zuzuhören und es war der erste Vortrag dieser Größenordnung, den ich fast komplett verstand. Sie redete auch über einige witzige Missverständnisse mit den Studenten, die mir selbst bekannt vorkamen. Dann spielte sie einige russische Stücke mit ihrer Gitarre und sang dazu. Schließlich sollte ich auch auf die Bühne kommen und mit meiner Geige die Melodie spielen. Obwohl ich die Stücke zum ersten Mal spielte, war ich echt überrascht, wie gut es sich anhörte. Wir spielten einige, der bekanntesten russischen Stücke, wie z.​B. Katjuscha und Podmoskovnije Wetschera. Die Lehrer, die zuhörten waren begeistert, auch anhand der Tatsache, dass ich Ausländer war und schon ziemlich gut russisch sprechen konnte. So wollten einige Lehrer, dass ich in ihre Schule wechseln sollte. Außerdem wollten sie von mir, dass ich auch morgen auf dem Konzert von Julia Siganschina auftreten sollte, was leider wegen des Mid-of-Stay-Camp nicht funktioniert. Ich wäre allerdings echt gerne gekommen.
Nach dem Seminar sollte ich die Musikerin noch auf russisch vor laufender Kamera interviewen. Zum Glück hatte meine Englischlehrerin, die auch da war die Fragen vorbereitet und ich konnte fast nur ablesen. Ich befragte sie dazu, wie sie über Schlaflieder denkt und was nach ihrer Meinung das wichtigste daran ist. Ich habe auch keine Ahnung, wie meine Englischlehrerin auf dieses Thema gekommen ist. Morgen muss ich ziemlich aufstehen, da wir um halb acht in das Lager fahren, in dem wir schon nach dem ersten Monat in Russland waren. Wir bleiben dort nur eine Nacht und kommen schon am Sonntagnachmittag wieder zurück.

Jan Mathis Eckert




15. Januar 2014, 20:04

Gereizte Lehrer und schlechte Synchronisation

Am Montag hat die Schule angefangen und alles geht nun wieder seinen gewohnten Gang. Am Wochenende davor traf ich mich mit der Englischlehrerin, die mit uns AFSern in Surgut war und einigen Schülern aus der zehnten und elften Klasse in der Schule. Sie wollte mit uns an einem Wettbewerb teilnehmen. Wir sollten dabei etwas zu dem Thema „The Great Gastby“ (Der große Gatsby) vorbereiten. Das Buch aus den USA ist in Russland und in Amerika ziemlich bekannt, ich hatte allerdings in Deutschland noch nie etwas darüber gehört. Zuerst guckten wir einen dreistündigen Film, mit extrem schlechter Synchronisation, von der ich nachher Kopfschmerzen hatte. Erstens hörte man die englischen Originalstimmen durch, zweitens sprachen die russischen Synchronsprecher auch dann, wenn die Münder der Schauspieler geschlossen waren und drittens war zu allem Überfluss unten noch ein Untertitel auf Russisch eingeblendet, der aber überhaupt nicht zu dem gesagten der Synchronsprecher passte. Nach drei Stunden war ich, trotz des Tees, den wir zwischendurch getrunken haben, ziemlich fertig. Allerdings mussten wir noch genau besprechen, was wir denn genau machen sollten. Nach einer relativ langen Diskussion wurde ich von der Englischlehrerin noch ihrer ehemaligen Kollegin von einer anderen Schule vorgestellt. Sie wollte, dass ich am kommenden Freitag in die Nationalbibliothek komme und dort einen Vortrag einer Doktorandin anhöre, die mit ausländischen Studenten zusammenarbeitet. Es hört sich zwar nicht so spannend an, da aber auch ein Lehrer aus Deutschland (irgendein Björn), der in Cheboksary unterrichtet, da sein wird, sagte ich zu.
Am Montag hatte ich zum Glück nicht so viele Stunden und ich konnte früh nach Hause gehen. Mir kam es so vor, als ob alle in der Schule ziemlich gereizt wären, da die Lehrer ziemlich oft schimpften. Besonders geschockt war ich aber davon, dass eine Lehrerin der ersten Klasse ihre Schüler aus einem banalen Grund anbrüllte: Sie wollte, dass sich mehrere Schüler in der Kantine etwas zu Essen holten und das ein Schüler alle seine Knöpfe an der Jacke zu machen sollte. Auch in den anderen Klassen waren die Lehrer seltsam gereizt.
Mittlerweile hat hier endlich der Winter richtig angefangen. Es sind, seit es letzte Woche getaut hat, wieder 50 cm Schnee gefallen und die Temperaturen sinken stetig. So haben wir jetzt mittlerweile schon -11°C und morgen werden es sogar -18°C. Ich gehe mittlerweile regelmäßig draußen spazieren und trainiere danach an den Fitness-Geräten, die in jedem Hof herumstehen, die aber keiner, oder kaum einer benutzt.
Gestern war in Russland ein kleiner Feiertag, an dem aber trotzdem alle arbeiteten. Es wurde das „Alte Neue Jahr“ gefeiert. Dieser Feiertag ist seit der Oktoberrevolution am 14. Januar. Vor der Revolution galt in Russland der Julianische Kalender, der sich aber im Laufe der Zeit immer ungenauer zum heutigen Gregorianischen Kalender wurde. So hat sich in den fast 2000 Jahren seines Bestehens ein Zeitunterschied von 13 Tagen angehäuft. Das erklärt auch, warum Russland Weihnachten am 7. Januar feiert und nicht am 24.​/​25. Dezember.

Jan Mathis Eckert



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