Von Erkelenz nach Tscheboksary

 

Hallo, ich heiße Jan Mathis und war vom August 2013 bis Juni 2014  in Russland. In dieser Zeit lebte ich als Austauschschüler bei einer russischen Gastfamilie in Tscheboksary, einer Großstadt an der Wolga.

Was ich erlebt habe, erfahrt Ihr /erfahren Sie hier:

Kategorien: Alle Mathis

29. September 2013, 21:02

Ein ganz gewöhnlicher Sonntag

Im Gegensatz zu den vorherigen Tagen hatten wir heute mal absolut nichts vor. Einen Tag einfach mal faulenzen… Neben dem langen Ausschlafen tat das mal echt gut. Gegen elf Uhr stand ich dann doch auf und meine Gasteltern wünschten mir statt des sonst üblichen „Guten Morgen“ jetzt schon einen „Guten Tag“. Mir war es etwas peinlich, dass ich so lange geschlafen hatte, aber im Grunde hatte keiner ein Problem damit. Mein Bruder ist auch erst eine halbe Stunde vor mir aufgestanden. Vollkommen erholt von der letzten Woche konnte der Tag ja nur gut werden. Mein Frühstück, oder wie auch immer man das um diese Uhrzeit auch nennt, bestand heute aus Blinys mit Fleisch (wobei mir die mit Quark viel besser schmecken) und einer Tasse Tee. Mittlerweile ist es in der Wohnung auch nicht mehr so kalt, da die sich von den Stadtwerken mal entschlossen haben, die Fernwärme anzuschalten. Die Heizungen sind zwar noch nicht so ganz warm, aber es reicht, dass es in der Wohnung merkbar wärmer ist als noch vor drei Tagen.
Nach dem Essen lernte ich wieder Englisch mit meiner kleinen Gastschwester. Mit der Aussprache hapert es immer noch, aber sonst macht sie echt Fortschritte. Letzte Woche hat sie auch gleich mehrmals eine fünf in Englisch bekommen. Meine Gastgroßmutter und meine Gasteltern waren natürlich sehr zufrieden mit dieser Leistung. Seitdem soll ich noch öfter mit ihr lernen, was ja auch irgendwie Spaß macht. Danach ging ich mit ihr spazieren. Als wir Pulka vom Nachbarn abholten, unterhielt ich mich kurz mit ihm und dann gingen wir los. Pulka kann teilweise echt ziemlich nervig werden, da der Hund irgendwie jeden Passanten ankläfft, der vorbeikommt. Auch Katzen werden von ihr nicht verschont. Als wir vorbeigingen, flüchteten sich mehrere Katzen, von denen es hier verdammt viele gibt, vor Pulka in einen Baum. Auf dem Rückweg wurde ich ganz unerwartet von einer meiner Klassenkameradinnen aus der zweiten Klasse überrannt. Sie wollte mich unbedingt umarmen und stellte mich auch sofort ihrer Freundin als ihr „großer Freund“ vor. Echt süß… Zuhause musste ich mich erst wieder aufwärmen, da es draußen von Tag zu Tag kälter wird.
Abends gingen wir gemeinsam grillen. Anstatt, wie in Deutschland üblich, zum Grillen in den Garten oder einen Park zu gehen, grillten wir einfach vor unserer Garage. Obwohl das Flair nicht ganz so schön war, wurde es schöner, je dunkler es wurde. Mir fiel sofort auf, dass das Grillzubehör aus Deutschland kam und ich freute mich schon richtig auf das Fleisch. Es hat auch sehr lecker geschmeckt. Zu dem Fleisch gab es auch noch Salat von meiner Gastmutter und als Getränk Tee mit Zitrone. Als wir fertig waren, kippte mein Vater die heiße Asche in eine der vielen Pfützen vor der Garage. Dann gingen wir nach Hause.

Jan Mathis Eckert




28. September 2013, 22:30

Schnee im September!!

Was für ein Tag! Als ich heute Morgen aufwachte und aus dem Fenster schaute, schneite es! Schnee im September… Aber egal, das ist halt Russland. Ich zog mich warm an, da es mit zwei Grad über null doch schon ziemlich kalt war und ging zur Schule. Da die Russen schon nach der elften Klasse ihren Schulabschluss machen, müssen sie den Unterrichtsstoff auch entsprechend schnell lernen und deshalb ist hier an den meisten Schulen auch samstags Schule. Zum Glück konnte ich nach den ersten beiden Stunden, Geschichte und Literatur, gehen, da ich ja einen Termin in Novocheboksarsk hatte. Der Literaturunterricht sah heute in der fünften Klasse übrigens so aus, dass alle Kinder nacheinander nach vorne kamen und ein zuvor auswendig gelerntes Gedicht mehr oder weniger gut aufsagten. Je nachdem, wie es war, mussten die Schüler sich danach noch eine Rede von der Lehrerin über Fleiß und Ordnung anhören, was meistens der Fall war. Schließlich war die Stunde zu Ende und ich ging nach unten, um mich mit meinen anderen Klassenkameraden zu treffen. Unten im Eingangsbereich entdeckte ich auch eine Urkunde zum „Deutschen Tag in Tschuwaschien“. Ich fragte meine Lehrerin, was das sei und sie sagte, dass sich dann die Schüler treffen, die Deutsch lernen und sich dann in einem Wettbewerb messen. Irgendwie habe ich Lust, daran teilzunehmen.
Danach fuhren wir zusammen mit meiner AFS-Betreuerin und einigen Schülern aus der zehnten Klasse nach Novocheboksarsk. Meine Betreuerin machte das so, dass sie eine ganz normale Marschrutka anhielt, die eigentlich eine bestimmte Runde durch die Stadt fuhr. Sie sprach kurz mit dem Fahrer und dann mussten die anderen beiden Fahrgäste aussteigen und wir fuhren mit der Marschrutka nach Novocheboksarsk. Für Geld kann man hier also einfach mal so eine Marschrutka mieten. Stellt euch mal vor, man würde in Deutschland in einen Linienbus einsteigen, dem Fahrer hundert Euro in die Hand drücken und der würde einen dahin fahren, wo man will, während die anderen Fahrgäste aussteigen müssen… Für Deutschland ziemlich undenkbar, in Russland möglich. Wahrscheinlich hat der Fahrer mit uns ein Mehrfaches von seinem Gehalt verdient, das er sonst an einem Tag bekommt. Schließlich waren wir im Gymnasium No. 6 angekommen. Wir aßen in der Cafeteria und dann ging die Präsentation zu Eröffnung des AFS-Jahres schon los. Als erstes hielt die AFS-Beauftragte vom Gymnasium No. 6 eine kurze Rede. Dann tanzten die Schülerinnen aus der Tanzgruppe etwas vor und dann waren wir schon an der Reihe. Ich und Elena wurden auf die Bühne gebeten und mussten unsere Gedichte vorsagen. Abgesehen davon, dass ich mich einmal verhaspelt habe, lief es ganz gut. Dann kam der wahrscheinlich peinlichste Teil der ganzen Vorführung. Alle anderen AFSler kamen mit auf die Bühne und wir tanzten das tschuwaschische Kinderlied im Kreis. Warum sind meine Klassenkameraden nur mitgekommen? Ich weiß nicht, ob ich mich bei denen nachher noch sehen lassen kann. Dann mussten wir das russische Lied dreimal singen, da es der AFS-Beauftragten nicht richtig gefiel. Schließlich bekam ich das Mikrofon in die Hand gedrückt und musste Solo singen… noch besser. Schließlich war auch das bestanden und wir konnten endlich nach Hause gehen. Es hatte mittlerweile aufgehört zu schneien und zurückgeblieben waren einfach nur ziemlich dreckige Wege. Zuhause übte ich mit meiner Schwester noch etwas Englisch und legte mich dann nachmittags etwas hin. Abends schauten wir im Fernsehen eine Comedy-Show, in der u.​a. Angela Merkel als Pappfigur auftrat. Ich habe den ganzen Sinn nicht so richtig durchschaut, auf jeden Fall lasen die Teilnehmer deutsche Wörter und suchten dann die russische Übersetzung. Am Ende kam eine total falsche Durchsage: Die Stimme von Merkel sagte „Vielen, vielen Danken“, was ja total falsch ist. Ich hatte auf jeden Fall meinen Spaß, da auch die russischen Teilnehmer das total falsch wiederholten. Die andere Frage ist, wann Merkel in so einem inkorrekten Deutsch geredet hat, oder ob die das hier im Studio einfach falsch zusammengeschnitten haben.

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Jan Mathis Eckert




27. September 2013, 22:28

Russisches Bier vs. deutsches Bier

In der ersten Stunde hatte ich heute Englisch mit der elften Klasse und Elena war wieder gesund. Wie in fast jeder Stunde wurden Vokabeln gelernt, während Elena und ich schon mal einen Text durchlesen sollten. Irgendwie ist das Konzept der Schulen in Deutschland und Russland ziemlich unterschiedlich. Während man in Russland hauptsächlich Vokabeln lernt und Multiple-Choice-Fragen beantwortet und ab und zu ein Wort in einen Lückentext einfüllt, liegt das Vokabellernen in Deutschland hauptsächlich in Händen des Schülers und anstatt der Lückentexte fängt man in Deutschland schon ziemlich früh an, selbst zu schreiben. Da fehlt mir irgendwie etwas im Unterricht. Laut meinem Stundenplan hätte ich eigentlich in der zweiten Stunde Russischunterricht mit Valentina gehabt. Der Stundenplan war aber geändert worden, da ein Englischlehrer gekündigt hatte. So irrten Elena und ich zehn Minuten durch die Schule, um ein passendes Fach zu finden. Schließlich landeten wir bei Geschichte in der elften Klasse. Da ich sowieso kaum etwas von den komplexen Begriffen aus der Geschichte der Wirtschaft verstand, beschäftigte ich mich mit etwas Nützlicherem und lernte mal wieder Vokabeln. In der nächsten Stunde hatte ich Russisch mit der dritten Klasse. Ich wurde wieder echt warm empfangen, da alle Kinder wieder auf mich zugerannt kamen um mir „privjet“ zu sagen. In der Pause spielten wir wieder das Spiel von letzter Stunde. Während des Unterrichts musste ich einmal kurz an die Tafel kommen und meinen Mitschülern etwas über meine Familie in Deutschland erzählen und bestätigen, dass deutsche Straßen ziemlich gut sind. Außerdem musste ich noch sagen, welche Automarken alle aus Deutschland kamen. Meine Lehrerin war mit mir zufrieden und ich ehrlich gesagt auch. Während ich am Anfang noch ziemlich lange überlegen musste, welche Fälle ich nehmen sollte (und glaubt mir, das ist nicht so einfach!​), ging es jetzt schon ohne langes Überlegen. Was für ein Fortschritt… In der vierten Stunde konnte ich wieder nach Hause gehen, da ich für diese Stunde keinen Unterricht hatte. Ich trank, wie immer, etwas Tee und packte danach meine Sachen wieder zusammen. Wieder in der Schule hatte ich Russischunterricht mit Valentina. Während sie mit Elena zusammen arbeitete, durfte ich Extraaufgaben machen, was echt viel besser war, als Sachen zu hören, die ich schon tausend Mal vorher gehört hatte. Nach der Stunde ging ich noch kurz mit Valentina ins Lehrerzimmer, das echt viel schöner eingerichtet ist als die Klassenzimmer und sie besprach mit mir die Aufgaben. Danach hatte ich wieder Musik. Meine Lehrer hatten mittlerweile die Noten für mich umgeschrieben, da sie vorher falsch waren und so konnte ich auch mitspielen. In der Mitte der Stunde kam Felizitas. Da das Klavier ziemlich verstimmt war, spielte sie auf dem Metallophon mit zwei anderen Mädchen. Ich erfuhr auch, dass ich am Montag ein Konzert haben werde. Die sind hier echt sehr kurzfristig und erwarten trotzdem noch, dass man kommt. Zum Glück habe ich - abgesehen von dem Geburtstag meiner Gastmutter - keinen Termin.
Den restlichen Nachmittag verbrachte ich zuhause und alberte ziemlich viel mit meiner Schwester herum, was ziemlich Spaß macht. Heute hat mir mein Gastvater auch zum ersten Mal russisches Bier angeboten. Da ich testen wollte, wie es im Vergleich zu deutschem Bier schmeckt, sagte ich nicht nein. Ich kann nur sagen, dass deutsches Bier echt viel besser ist. So riecht russisches Bier irgendwie ziemlich unappetitlich und schmeckt auch nicht so lecker. Zum Abendessen gab es heute Pelmeni, eine russische Spezialität, bestehend aus gefüllten Teigtaschen.

Jan Mathis Eckert




26. September 2013, 21:51

Viel auf Russisch und viel Musik

Heute hatte ich in der ersten Stunde wieder Russisch mit der AFS-Betreuerin Valentina. Da Elena nicht da war, war der Unterricht an mich angepasst und ich lernte echt viel. In der Stunde machte ich auch einen mündlichen Test und fast alles war richtig. Sowieso klappt es mit der Verständigung immer besser, da die Sätze mit genau drei Wörtern (Subjekt, Prädikat und Objekt) jetzt auch langsam Nebensätze dazubekommen. So erzählte ich Valentina etwas über meine Stadt, aus der ich komme und was ich gestern so alles gemacht hatte. Sie checkte auch mein Lese- und Hörverstehen ab. Wenn man das mit meiner ersten Woche vergleichen könnte, wäre das sicherlich eine Verbesserung um 100 % gewesen. Am Anfang fand ich es einfach viel zu schnell, wie die Russen reden, aber mittlerweile geht es.
In der zweiten Stunde hatte ich zum ersten Mal Geschichte in der zehnten Klasse. Ich hatte eigentlich gehofft, dass hier die Geschichte des 20. Jahrhunderts durchgenommen werden würde, denn das interessierte mich echt. Stattdessen wurde aber die Geschichte des 18. Jahrhunderts besprochen. Sowieso sah der Unterricht so aus, dass ich mich mit mehreren Schülern in einem Mix aus Russisch, Deutsch (die lernen hier Deutsch) und Englisch über alles Mögliche unterhielt. Zeitgleich musste ich auch noch ein Gedicht lernen, das ich am nächsten Samstag vortragen soll. Nach der Stunde ging ich wieder zu Valentina, da sie gerade eine Stunde frei hatte. Ich trug das Gedicht vor und ich war selber davon überrascht, wie schnell ich es auswendig gelernt hatte. Auch Valentina war stolz auf mich und auch zufrieden mit meiner Aussprache. Danach unterhielten wir uns noch etwas auf Russisch und dann ging ich zu Englisch, da sie essen wollte. In Englisch nahmen wir alle möglichen Vokabeln durch. Die allermeisten kannte ich schon und insofern war es auch ziemlich langweilig. Nach der Stunde besprach ich noch mit der Lehrerin und Sonya, wie dieser Vortrag aussehen sollte. Zum Glück hatten die das Konzept etwas geändert und es war ab sofort ein Interview mit Sonya auf Englisch. In der nächsten Stunde hatte ich wieder Russisch, diesmal aber mit der zweiten Klasse, was nicht gerade sehr interessant war. Das einzig Tolle an der Stunde war, wie ich wieder von den ganzen kleinen Kindern begrüßt wurde.
Nach dieser Stunde hatte ich eine Freistunde. Also ging ich nach Hause, trank etwas Tee, packte meine Geige ein und ging wieder in die Schule. In der Aula war schon einiges vorbereitet worden. So waren die Elftklässler fleißig damit beschäftigt, blaue AFS-Luftballons aufzublasen. An den Wänden hingen Plakate, auf denen stand, worauf die Schüler stolz in ihrem Land waren. Dann füllte sich der Saal langsam. Zuerst sagte die Englischlehrerin einige Worte, dann erzählte Sonya etwas über Vorurteile über Russland. Danach guckten wir einen ziemlich witzigen Film, was in Russland was bedeutet. Anschließend war das Interview. Ich erzählte über meine ersten Eindrücke von Russland, wie unendlich groß das Land einfach sei und über meine ersten Erfahrungen. Am Ende des Vortrages musste ich auch noch aufzählen, in wie vielen Ländern ich gewesen bin. Insgesamt sind es, glaube ich, dreizehn Länder. Was für Deutschland normal ist, ist hier wirklich eine Seltenheit. Russland ist einfach zu groß, als dass man einfach mal so in ein anderes Land fahren könnte. Viele haben Russland auch noch gar nicht verlassen.
Nach dem kurzen Interview sangen wir noch die AFS-Hymne und Sonya stellte dabei fest, dass ich ziemlich viele Talente hatte und dass ich später viele Auswahlmöglichkeiten bei der Berufswahl hätte. Sie sagte, dass ich Sänger, Musiker oder auch Schauspieler werden könnte. Ich will eigentlich nichts von alledem werden, sondern alles nur als Hobby machen.
Danach hatte ich wieder eine Probe mit den beiden Musiklehrern in unserer Schule. Alle Stücke klappten ziemlich gut und beide Lehrer waren ziemlich zufrieden. Ich erzählte auch noch etwas über die Musikstücke, die ich schon in Deutschland im Orchester gespielt hatte und sie waren auch davon ziemlich beeindruckt. Hoffentlich spielen wir mal etwas aus meinem deutschen Repertoire. Danach ging ich nach Hause.
Nach dem Essen gingen mein Gastbruder und ich gemeinsam zur Musikschule, da er dort im Orchester spielte. Ich durfte ausnahmsweise auch mal mitspielen. Abgesehen von einem Stück, bei dem die Handschrift, mit der die Noten geschrieben waren, so unleserlich war, waren alle Stücke ziemlich einfach.
Zuhause warteten wieder eine Menge Hausaufgaben auf mich.

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Jan Mathis Eckert




25. September 2013, 22:09

Hering unterm Pelzmantel...

In der ersten Stunde hatte ich heute wieder Russisch mit der zweiten Klasse. Das Thema war immer noch das gleiche, was mich langsam etwas langweilt. Ich glaube, ab nächster Woche werde ich eine Klasse höher gehen. Laut meinem Stundenplan hatte ich in der nächsten Stunde Physik mit der zehnten Klasse. Allerdings stand auf dem Plan in der Eingangshalle etwas ganz anderes. So ging ich zu meiner Betreuerin, die sagte, dass ich stattdessen zu Literatur in der fünften Klasse gehen sollte. Ich kam etwas zu spät, da ich ja erst nicht wusste, was ich machen sollte, aber mit Austauschschülern sind die Lehrer hier sowieso nicht so streng. Wenn ein normaler Russe zu spät kommt, müssen die teilweise fünf Minuten vor der Tür warten, ehe sie reinkommen. Ich werde meistens nett angelächelt und hereingebeten. In der Stunde wurde ein mir unbekannter russischer Schriftsteller besprochen. Ich bin ja froh, dass es so ein Fach nicht in Deutschland gibt. Ich hätte nicht unbedingt Lust, jede Woche zwei oder dreimal etwas über Goethe, Schiller & Co. zu hören. Hier ist es aber eigentlich ziemlich interessant, da man auch ein Teil der russischen Kultur kennenlernt.
In der darauffolgenden Stunde hatte ich Englisch mit der elften Klasse. Die Stunde hat besonders Spaß gemacht, da ich neben Sonya saß, die letztes Jahr in den USA war. Wir haben uns ziemlich viel unterhalten. Während der Stunde sollten meine Klassenkameraden auch sammeln, was ihnen an ihrem Land so gefällt. Es kam ziemlich viel zusammen. Von Jouri Gagarin, über Balalaika bis hin zu Borschtsch war so ziemlich alles dabei. Diese Plakate sollen noch verschönert werden und morgen am Tag der Interkulturellen Begegnung vorgestellt werden. Ich habe auch erfahren, dass ich morgen etwas über beseitigte Vorurteile über Russland erzählen soll. Toll, dass ich das jetzt erst erfahre… Ich hoffe mal, ich kann das auf Englisch erzählen. Auf Russisch wäre das noch fast unmöglich.
Nach der Stunde ging ich nach Hause, um meine Geige für die Probe abzuholen. Dann ging ich noch kurz bei Felizitas vorbei, um dann mit ihr in meine Schule zu gehen. Da ich ja vergessen hatte, dass ich um zwei einen Termin im Gymnasium No. 1 hatte, musste ich das Vorspiel vor den beiden Musiklehrerinnen vorziehen. Sie waren beide sehr begeistert, als sie mich auf meiner Geige spielen hörten. Die war im Gegensatz zu der Geige gestern zumindest gestimmt und hörte sich auch schön an. Dann sollte auch Felizitas noch etwas auf dem Klavier vorspielen und schon wieder waren beide sehr begeistert. Wahrscheinlich kommt nicht alle naselang jemand vorbei, der schon so gut spielt. Sie wollten uns eigentlich noch länger da behalten und uns vorspielen lassen, wir hatten aber unseren Termin und so mussten wir los. Als wir nach einer Dreiviertelstunde Fahrt endlich angekommen sind, merkten wir, dass kein anderer AFSler da war. Hatten wir irgendetwas verpasst oder die? Letzteres war der Fall und wir waren nur zu dritt in der Stunde mit Anna, die hier sowieso Unterricht hatte. Ich bin ja mal gespannt, wie das wird, wenn keiner außer uns geübt hat. Nach etwas über einer Stunde Probe waren wir entlassen.
Zuhause machte ich meine gesamten Hausaufgaben für den Russischunterricht morgen. Danach aß ich das erste Mal in Russland Hering unterm Pelzmantel. Ja, Ihr habt schon richtig gehört, so heißt das hier. Ist eine typische Speise, in der eine Lage Fisch von vielen anderen Schichten aus Kartoffeln, Mayonnaise und roter Bete bedeckt sind. Deshalb wahrscheinlich auch Pelzmantel, weil das einfach nur so viele Schichten hat. Es hat alles sehr lecker geschmeckt und man sollte sich nicht über den Namen hinwegtäuschen lasse.

Jan Mathis Eckert




24. September 2013, 23:00

Endlich einen eigenen Stundenplan!

Endlich habe ich meinen eigenen Stundenplan. Zuerst hatte ich, wie auch sonst, eine Stunde Russischunterricht mit der zweiten Klasse. Mitten in der Stunde kam dann meine AFS-Betreuerin und holte Elena und mich aus dem Unterricht. Wir gingen mit ihr ins Direktorat, wo sie ihren Schreibtisch hatte. Sie war sozusagen die zweite Direktorin. Sie gab mir meinen Stundenplan und mir fiel sofort aus, dass ich ziemlich viele Freistunden und Schultage hatte, die früher endeten. Dann gingen wir wieder zurück in den Unterricht. In der zweiten Stunde hatte ich wieder privaten Russischunterricht, aber Elena kam aus irgendeinem Grund nicht. So übte ich russische Zungenbrecher und das Gedicht, das ich Samstag vortragen soll. In der nächsten Stunde hatte ich wieder Russisch, diesmal nicht mit der zweiten, sondern mit der dritten Klasse. Ich musste mich erst vor der ganzen Klasse vorstellen, die mich ziemlich neugierig anstarrte, dann durfte ich mich setzen. In der Pause, die noch lief, spielten ich mit meinen neuen Klassenkameraden ein Spiel, das so ähnlich wie „Ene, mene, miste, es rappelt in der Kiste“ funktionierte. Der Gewinner war auf jeden Fall der, der am Ende noch übrig blieb. Dann fing der Unterricht an und ich verstand alles, da ich den gleichen Stoff schon in der zweiten Klasse durchgenommen hatte. In der Mitte der Stunde gingen zuerst die Mädchen aus dem Klassenzimmer zum Schularzt und dann die Jungen. Wie meine Betreuerin mir sagte, mussten alle einen Tuberkulose-Test machen. Zum Glück hatte ich das alles schon in Deutschland gemacht und ich musste das hier nicht über mich ergehen lassen. Denn bei den paar hundert Schülern arbeiteten die Ärzte nicht gerade sehr sorgsam und so kam es vor, dass es teilweise ziemlich blutete. Wie der Zufall es so wollte, hatte ich anschließend wieder eine Stunde Russisch – mit der fünften Klasse. Ich wurde sofort ausgefragt, ob ich nicht die Band „Rammstein“ kenne. Das ist hier so ziemlich die einzige deutsche Band, die die kennen. Außerdem wurde ich noch gefragt, was dieses und jenes auf Deutsch heißt. Dann fing der Unterricht an. Ich hatte eigentlich erwartet, dass ich kaum etwa verstehe. Das Gegenteil war der Fall und ich machte alle Aufgaben, die wir machen sollten. Nach der Stunde hatte ich Mathe in der zehnten Klasse. Ich hatte mir eigentlich etwas mehr erhofft von dieser Stunde. Vom Lernstand waren sie in etwa so weit, wie wir in Deutschland, allerdings verstand ich kaum etwas vom Unterricht, da alles Textaufgaben waren. Kurz vor Ende der Stunde holte mich mein Betreuerin ab und brachte mich zu dem Raum, in dem das Schulorchester probte. Die Schüler waren nicht da, aber dafür die beiden Lehrerinnen, die das Orchester leiteten. Ich wurde auf Russisch zu gequatscht, auf welchen Konzerten sie schon überall gespielt hatten und mir wurden Hörbeispiele vorgespielt: Es war eine Mischung aus Rammstein und Tschaikowsky, aber echt lustig anzuhören. Dann wurde ich natürlich über mein Instrument ausgefragt. Als ich sagte, dass ich neun Jahre Geige spiele, waren beide total entzückt und sagten, dass ich sofort einen Solopart kriege. Ich sagte auch noch, welche Stücke ich zurzeit übe und als ich bei Fluch der Karibik ankam, wurde mir eine Geige in die Hand gedrückt und ich sollte vorspielen. Die Geige war übrigens eine halbe Geige, also viel zu klein für mich, besaß weder Schulter- noch Kinnstütze und war damit auch noch unspielbarer für mich und war zusätzlich total verstimmt. Als ich die ersten ziemlich schiefen Töne spielte, waren sie immer noch total begeistert, sogar noch begeisterter als vorher und drückten mir sofort ein paar Noten in die Hand. Dann durfte ich nach Hause gehen.
Nachmittags kam Felizitas bei uns vorbei, da sie unser Internet für ihre Präsentation brauchte. Aber natürlich redeten wir auch miteinander, das normale halt. Abends brachten meine Gastschwester, der Hund Pulka und ich sie nach Hause.

Jan Mathis Eckert




23. September 2013, 22:37

Das erst Mal wieder richtig schwimmen...

Heute war es ziemlich anstrengend für mich aufzustehen. Ich war einfach zu müde irgendetwas zu machen. Ich überwand mich und ging trotzdem in die Schule. In der ersten Stunde hatte ich Unterricht mit der zweiten Klasse und wir nahmen wieder das Thema Wortbildung durch. In der zweiten Stunde hatte ich Englisch mit meiner AFS-Betreuerin. Ich hatte mittlerweile meinen persönlichen Stundenplan ausgearbeitet. Neben den Russischstunden in der zweiten und dritten Klasse habe ich auch Geschichte in der achten und zehnten, sowie Literatur in der achten, Mathe und Physik in der zehnten Klasse ausgewählt. Ich hoffe mal, dass alles klappt und ich bald anfangen kann, viel Russisch zu lernen. Meine Lehrerin bemerkte, dass ich nicht, wie sonst, voll beim Unterricht dabei war und sagte mir, dass ich nach Hause gehen sollte und mich mal richtig ausschlafen sollte. Ich bin echt froh, dass ich sie als AFS-Betreuerin habe, sie ist einfach nur mega nett und einfühlsam. So ging ich nach Hause und ging sofort schlafen. Ich schlief durch bis vier und wurde von meinem Gastbruder geweckt, der mittlerweile von der Schule nach Hause gekommen war. Meine Gastoma, die auch da war, machte uns was zu essen. Schlafen macht irgendwie hungrig und deshalb aß ich heute sogar zwei Portionen. Schon verrückt, wenn man bedenkt, dass ich gestern kurz vorm Platzen war. Danach setzte ich mich an meine Russischübungen und lernte Vokabeln. Zwischenzeitlich half ich auch noch meiner kleinen Gastschwester in Englisch. Sie lernt gerade ihre ersten Wörter auf Englisch und es ist einfach nur verdammt süß, wie sie die Wörter spricht oder wie sie versucht, mich nachzuahmen, wenn ich die Wörter richtig ausspreche. Das Russische und das Englische unterscheiden sich einfach viel zu sehr voneinander, als dass man es richtig aussprechen kann. So rollte meine Schwester das „R“ wie im Russischen, obwohl man das Englische „R“ ja gar nicht rollt. Hörte sich echt witzig an. Aber ich glaube, wenn ich das öfter mache, verbessere ich einerseits ihre Englische Aussprache und ich durch die gelernten Vokabeln und Sätze auch mein Russisch und meine Aussprache. Vielleicht spricht sie nach einem Jahr mit mir sogar akzentfrei…
Abends gingen mein Gastbruder und ich gemeinsam zum Schwimmbad, das zu Fuß ziemlich weit entfernt war. Von außen konnte man gar nicht erkennen, dass es ein Schwimmbad war. Es hing dort auch kein Schild, dass das irgendwie erkenntlich machte. Wir gingen rein und mussten sofort unseren Gesundheitstest vorzeigen, den wir ja glücklicherweise schon vor zwei Wochen gemacht hatten. Obwohl alles sehr alt war, war es ziemlich teuer. Wir zahlten 130 Rubel (3 €) für den Eintritt. Außerdem musste ich mir noch Überschuhe kaufen, da man sonst nicht reinkam. Im Gegensatz zu Deutschland gab es hier keine Einzelumkleiden, sondern nur eine Gruppenumkleide für Männer. An der Wand hingen Schränke für die Klamotten, die irgendwie aussahen, wie uralte Safes. Nachdem wir uns abgeduscht hatten, mussten wir durch mehrere Flure und mehrere Treppen hinauf gehen, bevor wir in der Schwimmhalle waren. Ich wurde sofort angeschnauzt, dass ich meine Füße reinigen sollte, da ich keine Badelatschen hatte. Ich tat es dann auch und durfte dann ins Becken. Das Wasser war in etwa so warm in Deutschland und es tat echt gut, nach 6 Wochen wieder zu schwimmen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo man sich auch einfach mal in der Freizeit im Schwimmbad trifft, ist das hier irgendwie nur zum Training gedacht. Vielleicht ist deshalb der Preis so hoch, da nur so wenige Leute kommen. Nach einer Stunde gingen wir wieder raus. Mir fiel auch auf, dass es hier keine Föne gibt, gebraucht hätte ich sie aber trotzdem nicht. Auf dem Rückweg fuhren wir noch an einer Bank vorbei, da ich das Geld für mein iPhone abheben wollte. Als wir dann zu Fuß den restlichen Weg nach Hause gingen, hatte ich auf einmal ziemliche Angst, dass ich ausgeraubt werden könnte. Zum Glück passierte nichts und ich konnte meinem Gastvater das vereinbarte Geld geben.

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Jan Mathis Eckert




23. September 2013, 21:51

Russisches Essen im Überfluss

Am nächsten Tag hatten wir nicht so ein theoretisches Programm. Zum Glück… Wir hatten ziemlich viel Freizeit nachdem wir unsere Sachen gepackt hatten. Beim Mittagessen mussten wir uns ziemlich beeilen, da der Bus schon vor der Haustür stand. Wir fuhren zurück nach Tscheboksary und mussten uns von den beiden Kazanern verabschieden. Dann fuhren Felizitas und ich nach Hause. Zuhause war erst einmal keiner da. Als dann meine Gastoma kam, wurde ich ausgefragt, wie es denn so gewesen sei und ob ich nicht total hungrig sei. Das Camp war super gewesen und so richtig hungrig war ich eigentlich auch nicht, ich aß aber trotzdem. Auch als meine Gastmutter kam, wurde ich wieder gefragt, wie es denn gewesen sei und ob es nicht zu kalt war. Sie hatten sich irgendwie ziemliche Sorgen gemacht, warum auch immer. So stellte ich also erst einmal klar, dass es mir super gehe (abgesehen davon, dass ich ziemlich müde war) und das das Camp genauso gut war. Abends musste ich mich schnell umziehen, da wir irgendwo hin fuhren. Als erstes fuhren wir bei meiner Gastoma vorbei. Sie hatte einen ziemlich leckeren Kuchen gebacken mit allen möglichen Verzierungen, den wir mitnahmen. Danach fuhren wir weiter auf die andere Seite der Bucht von Tscheboksary, wo wir dann fast den ganzen Rest der Familie trafen. Wir setzten uns alle um einen riesigen Tisch im Wohnzimmer, der komplett mit Essen bedeckt war. Ich war echt kaum hungrig. Trotzdem füllte sich mein Teller wie von Zauberhand, da ich von ziemlich vielen Spezialitäten probieren sollte. Als ich aufgegessen hatte, musste ich wieder etwas probieren. Ich war echt kurz vorm Platzen. Ich aß trotzdem fast alles auf. Dann wurde mir noch etwas Cognac angeboten und ich trank ein kleines Glas mit. Was mich wunderte, dass hier nicht Wodka getrunken wurde, da das ja das Nationalgetränk schlechthin ist. Nach dem Essen machte der Schwager von meinem Gastvater für uns noch ein Milchshake. Dazu nahm er nicht ganz normales Fruchteis, sondern einfach ein Eis mit Waffel und zerkleinerte es mit Milch, einer Banane und Marmelade im Mixer. Es hat echt sehr lecker geschmeckt. Später am Abend wurde dann auch noch der Kuchen von meiner Gastoma gegessen. Obwohl er ja so lecker aussah, konnte ich ihn einfach nicht essen, da ich so voll war. So ließ ich mein Stück einfach liegen, was mir irgendwie leidtat. Ich hätte es zu gerne gegessen! Danach verabschiedeten wir uns und fuhren bei strömendem Regen nach Hause. Zum Glück hatten meine Gasteltern einen Regenschirm eingepackt und ich kam noch halbwegs trocken in die Wohnung. Obwohl es erst 21:​30 Uhr war, legte ich mich sofort schlafen, da ich einfach zu müde war, noch irgendetwas zu machen.

Jan Mathis Eckert




23. September 2013, 15:32

Ziemlich viel Theorie... aber auch Spaß

Endlich ging es los! Wir trafen uns an der Universität im Stadtzentrum. Auch die zwei Leute aus Kazan waren mit ihren beiden Betreuern schon da. Mit einem ziemlich modernen VW-Bus fuhren wir dann zu unserer Herberge. Die Straßen waren ziemlich schlecht und teilweise hüpfte man richtig auf den Sitzen rum. Dank der guten Federung war es aber nicht ganz so schlimm. Die Herberge war frisch renoviert worden und um einiges besser als die Herberge im Arrival-Camp. Trotzdem war das Abendessen genauso schlecht wie im Arrival-Camp. Danach trafen wir uns alle in einem mit Stühlen und Tischen ausgestatteten Schlafzimmer und schrieben unseren ersten Russisch-Test in diesem Jahr. Wir werden im Lauf des Jahres noch mehrere Tests schreiben, damit wir und AFS verfolgen können, wie wir uns entwickeln. Der Test war ziemlich einfach und ich schrieb fast alles richtig. Wir schrieben auch ein kleines Diktat, um unser Hörverstehen zu testen. Das war auch echt einfach. Am Schluss mussten wir uns alle vor unserer Betreuerin auf Russisch vorstellen und etwas über uns erzählen. Sie zählte dabei unsere Fehler und die Anzahl der Sätze. Später am Abend sollten wir dann aufschreiben, was uns an Russland gefällt, nicht gefällt und was wir nicht verstehen. Der positive Teil überwog natürlich, zumindest bei mir und den meisten anderen. Später saßen wir deutschsprachigen (wir sind mit der Victoria aus Österreich jetzt übrigens vier) noch etwas zusammen und quatschten einfach.
Am nächsten Tag hatte ich beim Frühstück überhaupt keinen Hunger. Das Essen hat einfach überhaupt nicht geschmeckt und andererseits konnte ich gar nicht essen. Danach fing unser Tagesprogramm damit an, das unsere Russischlehrerin vom intensiven Russischkurs einen ziemlich langen Vortrag über unser Auslandsjahr hielt und was wir alles beachten sollten. Das meiste wussten wir schon. Nach einer Runde Energizer ging es weiter. Mir ist auch irgendwie aufgefallen, dass ich hier der einzige Junge bin, der hier richtig mitmacht. Matteo und Berkcan aus der Türkei rauchen ziemlich viel und oft. Nach dem Mittagessen ging unser Programm weiter. Alle schrieben für ihre Länder auf, was für ihre Kultur wichtig ist. Am Fenster wurden die Ergebnisse auf Klebestreifen aufgehängt. Wir waren zwar nur aus acht Ländern, trotzdem waren die Unterschiede ziemlich groß. Zum Beispiel hatten Zeit und Pünktlichkeit in Italien und Russland ziemlich wenig Priorität, während in der Schweiz und in Deutschland Pünktlichkeit ziemlich wichtig ist. Heute nahmen wir auch anhand eines Eisberg-Modells durch, welche Dinge man sofort an der russischen Kultur erkennt (über Wasser, kleinster Teil) und welche Dinge man erst erkennt und erfährt, wenn man tiefer in die Kultur eintaucht (unter Wasser, größter Teil). Danach sollten wir einordnen, welche Dinge der Kultur am Eisberg über Wasser und welche unter Wasser sind. Nach dieser ganzen Theorie war ich ziemlich froh über unsere nächste Runde Energizer, die mich wieder etwas wach machte. Insgesamt haben wir für ein AFS-Camp ziemlich viel Theorie durchgenommen. Etwas zu viel finde ich. Die Spiele kamen eindeutig zu kurz!
Vor dem Abendessen wurde ich noch kurzzeitig zum Mädchen. Ulli und Felizitas wollten mich unbedingt schminken und ich ließ alles über mich ergehen. Ich sah irgendwie ziemlich schlampenhaft aus, da beide etwas mit der Schminke übertrieben hatten. Zum Glück waren Eyeliner und Wimperntusche nicht wasserfest und es ging alles ab. Nach dem Abendessen gab es eine Disko für uns AFSler. Neben normaler Popmusik aus den Charts wurden auch russische und tschuwaschische Volkstänze abgespielt, zu denen dann auch entsprechend getanzt wurde. Ich kann nur sagen, dass es echt ziemlich anstrengend ist, so etwas zu tanzen, besonders für Jungs, da die Mädchen die meiste Zeit im Kreis gingen. Danach hatte ich auf jeden Fall Muskelkater, was nicht gerade sehr angenehm war. Nach dem Jahr hier in Russland kann ich die sicherlich stundenlang tanzen, aber jetzt war es einfach nur eine Tortur.

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Jan Mathis Eckert




20. September 2013, 11:31

Auf geht's zum ersten AFS-Camp

Der erste normale Schultag wieder nach einer Woche. In der ersten Stunde hatte ich Geschichte und die Lehrerin redete die ersten zehn Minuten über ein komplett anderes Thema. Sie regte sich darüber auf, dass viel Geld der russischen Steuerzahler an Europa und Amerika verschwendet würde und dass viele Russen in Armut leben. Ich wusste nicht genau, worauf sie anspielte. Ich fühlte mich aber irgendwie schuldig. Nach diesem Vortrag kam sie zu mir und versicherte mir, dass das gar nichts mit mir zu tun hätte und dass das alles nur an den Regierungen der Länder liegen würde. Aber so genau habe ich das nicht verstanden. Den Rest der Stunde redete sie über die Schlacht vor Moskau, bei der Napoleon geschlagen wurde.
In der zweiten Stunde hatten Elena und ich wieder unsere private Russischstunde. Ich hatte gestern noch ziemlich lange an den Hausaufgaben gesessen, aber es hatte sich gelohnt und meine Lehrerin war sehr zufrieden mit mir. Sie hat sich auch sehr darüber gefreut, dass ich den Genitiv Plural (den schwersten Russischen Fall mit den meisten Ausnahmen) fehlerfrei einsetzen konnte. Auch sonst war die Stunde ziemlich gut. In Englisch schrieben wir ein Diktat und ich half großzügig meinem Gastbruder beim Schreiben der Wörter. Für mich war es ziemlich einfach, obwohl ich manchmal Probleme hatte, unsere Lehrerin zu verstehen, da ihre Aussprache manchmal etwas komisch ist. Nach der vierten Stunde ging ich nach Hause, um die Sachen für unser AFS-Camp zu packen. Bis Sonntag fahren alle Austauschschüler, sofern sie es schaffen pünktlich zum Bus zu kommen (was ich bei Ulli und Matteo irgendwie bezweifle), aufs Land in eine Art Jugendherberge. Dort treffen wir auch die beiden Austauschschüler aus Kazan, einer ca. 200 km entfernten Stadt. Wie ich AFS kenne, machen wir mal wieder viele witzige Energizer und andere Spiele. Ich muss jetzt langsam los zum Trolleybus, da wir uns im Stadtzentrum treffen.

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Jan Mathis Eckert



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