Von Erkelenz nach Tscheboksary

 

Hallo, ich heiße Jan Mathis und war vom August 2013 bis Juni 2014  in Russland. In dieser Zeit lebte ich als Austauschschüler bei einer russischen Gastfamilie in Tscheboksary, einer Großstadt an der Wolga.

Was ich erlebt habe, erfahrt Ihr /erfahren Sie hier:

Kategorien: Alle Mathis

19. September 2013, 21:15

Aufstehrekord!

So schnell war ich noch nie aufgestanden! Da ich vergessen hatte, den Wecker zu stellen, wachte ich heute erst um 8:​40 Uhr auf, also 20 Minuten vor Unterrichtsbeginn. Trotzdem schaffte ich es, in zehn Minuten mich schnell zu waschen und dann den Anzug anzuziehen. Ich kam sogar noch drei Minuten zu früh zum Unterricht! Das hätte ich echt nicht gedacht… Mal wieder waren Matteo und Ulli aus Novocheboksarsk nicht da. Es gab das gleiche Problem wie gestern – und ich dachte immer, aus Fehlern lernt man… Schließlich hatten sie es doch geschafft, in einen Bus nach Cheboksary einzusteigen. Allerdings haben sie den gleichen Weg, den sie gestern schon gegangen sind (der auch nicht schwer war: geradeaus und dann an der Kreuzung links) wieder vergessen und so musste Felizitas sie mal wieder von der Haltestelle abholen. Im Unterricht nahmen wir die Konjugation der Verben und die Deklination der Nomen durch. Darüber werden wir auch morgen während des Camps einen Test schreiben. Das stelle ich mir ziemlich einfach vor. Während des Unterrichts begann ich auch langsam, mein Wörterbuch zu erweitern. Irgendwann muss man ja auch mal anfangen, Vokabeln zu lernen. Bei mir auf der Schule in Deutschland hatten wir bis jetzt nur relativ wenige Vokabeln gelernt, dafür aber die Grammatik. Deshalb ist der Kurs auch so sinnlos für mich, da wir hier sowieso nur die Grammatik durchnehmen, die ich schon kann. Was mich auch etwas an dem Unterricht hier irritiert, ist, dass unsere Lehrerin am Anfang ziemlich viele Ausnahmen bei der Deklination und Konjugation nennt und trotzdem meint, dass sie es ziemlich einfach halten wolle. Könnte ich das nicht alles schon, würde ich ziemlich überfordert sein und die anderen AFSler, die das noch nicht können, tun mir irgendwie etwas leid. Am meisten im Unterricht hat mich geschockt, dass eine AFSlerin nicht wusste, was Präpositionen sind. Entweder sie hat das alles wieder vergessen oder das Schulsystem in Berlin ist verdammt schlecht. Ich hoffe mal für sie, dass es an Letzterem liegt. Nach der Schule gingen wir deutschsprachigen AFSler (also Felizitas, Ulli und ich) zu Felizitas nach Hause. Wir spielten die ganze Zeit Uno und ich verlor irgendwie die ganze Zeit. Aber wie sagt ein russisches Sprichwort so schön: Wenn man Pech beim Kartenspielen hat, hat man umso mehr Glück in der Liebe. Zumindest ein kleiner Trost… Nachmittags brachten wir Ulli zur Marschrutka. Wir standen an der Haltestelle eine gefühlte Stunde, da Ulli auf eine bestimmte Linie wartete, da sie in Novocheboksarsk noch Zigaretten kaufen wollte. Diese Linie ließ aber auf sich warten, während zehn andere Marschrutkas vorbeifuhren, die auch nach Novocheboksarsk fuhren. Schließlich war sie im Bus und Felizitas und ich gingen zu mir nach Hause. Mein Gastvater hatte nämlich ihr iPhone auf SIM-Lock-frei gestellt. Nun konnte sie mit jeder SIM-Karte aus allen Ländern telefonieren. Vorher war das nicht möglich. Als sie gegangen war, verbrachte ich den ganzen restlichen Tag mit Vokabeln lernen, da ich nichts anderes zu tun hatte. Abends gab es wieder ein sehr leckeres Abendessen von meiner Gastmutter: Überbackenes Geflügel mit Nudeln.

Jan Mathis Eckert




18. September 2013, 21:23

Auch russischer Nahverkehr wird auf Dauer teuer

Obwohl heute auch warmes Wasser aus der Leitung kam, roch es noch etwas vergammelt. Aber man soll es ja sowieso nicht trinken, dafür haben wir ja einen extra Wasserfilter unter der Spüle in der Küche.
Unsere AFS-Betreuerin war heute sehr sauer auf Ulli und Matteo aus Novocheboksarsk. Sie waren mal wieder überhaupt nicht zum Unterricht gekommen und waren mal wieder im falschen Bus gewesen und auch an der falschen Haltestelle ausgestiegen. Deshalb gingen während des Unterrichts Elena und Felizitas wieder raus, um die beiden zu suchen. Wie sauer unsere AFS-Betreuerin war, merkte ich daran, wie sie telefonierte und als sie zu mir sagte, dass sie sofort wieder nach Hause fliegen könnten, wenn sie noch einmal fehlen würden. Schließlich kamen sie um zwei Stunden verspätet doch noch zum Unterricht. Unsere Betreuerin beachtete sie auch gar nicht, sondern überging einfach ihre Erklärungen für die Verspätung. Ich würde nicht gerne in Ullis und Matteos Haut stecken! Schon mit dem Rauchen auf dem Schulgelände und auch sonst hatten sie sich keine Freunde gemacht und unsere Betreuerin traute ihnen, so kam es mir vor, irgendwie alles Schlechte zu. Schließlich beruhigten sich doch alle ein wenig und der Unterricht konnte weitergehen. Als wir fertig waren, mussten wir alle zusammen ins Gymnasium No. 4, da wir dort Musikunterricht hatten. Auf dem Weg dahin mussten wir zweimal umsteigen. Wären wir zu einer anderen Haltestelle gegangen, hätten wir gar nicht umsteigen müssen. Eigentlich sind hier Trolleybus & Co. ziemlich günstig, dummerweise kann man aber nur für eine Linie bezahlen, mit der man dann zwar unbegrenzt fahren kann, aber nicht umsteigen kann. So mussten wir jedes Mal wieder für die Fahrt bezahlen. Auf Dauer ist das dann doch nicht so billig. In der Schule angekommen wurden wir sofort vom Hausmeister, oder besser gesagt vom Wachmann, ausgefragt, was wir denn hier machen würden. Wir erklärten alles und konnten schließlich in den Musikraum gehen. Für eine Aufführung vor AFS-Leuten und Eltern sollen wir hier mit der Lehrerin zwei Lieder lernen. Eines ist auf Russisch, das andere auf Tschuwaschisch. Bei den Liedern war ich so ziemlich der Einzige, der mitgesungen hat und die Lehrerin meinte auch sofort zu mir, was ich für einen schönen Tenor habe. Vielleicht nehme ich ja mal Gesangsunterricht oder gehe in einen Chor… Ich habe ja ein Jahr Zeit, das mal alles auszuprobieren. Am Ende des Unterrichtes wollte sie auch noch unsere ganzen Geburtstage wissen, da wir dann alle bei ihr eingeladen werden und neben einer Überraschung Tee bei ihr trinken. Sehr nette Frau! Als das alles geklärt war, brachte sie uns noch zur Bushaltestelle und setzte uns alle in unsere unterschiedlichen Marschrutkas.
Wieder zuhause bekam ich ein großes Nachmittagessen vorgesetzt.
Abends ging ich noch mit meiner Gastschwester und dem Hund Pulka spazieren. Sie erzählte mal wieder sehr viel, fragte mich, wie mein Tag war und was ich so gemacht hätte. Ich verstand fast alles und meine Antworten werden mittlerweile auch länger. Für so etwas braucht man diesen intensiven Russischkurs einfach nicht.

Jan Mathis Eckert




17. September 2013, 20:35

Nur kaltes Leitungswasser!

Der zweite Tag des intensiven Russischlernens fängt ja schon mal gut an. Als ich mich duschen will, kommt einfach kein warmes Wasser aus der Leitung. Keine Ahnung, woran das liegt. Ich weiß nur, dass es vorkommt, dass die Stadt einfach mal hier das warme Wasser für ein paar Tage abstellen kann. Hoffentlich ist es das nicht! Da ich ja ein Warmduscher bin, frage ich mich, wie ich die nächsten Wochen überleben soll.
In der Schule wartet dann die nächste Überraschung: Ein Drittel der AFSler ist nicht da. Matteo und Ulli sind an der falschen Station ausgestiegen und wissen nicht, wie sie zur Schule kommen sollen und Berkcan kommt aus dem Grund nicht, da er es sowieso nicht versteht. Obwohl Felizitas und die Italienerin Elena sich bereits auf den Weg gemacht haben, sind die beiden aus Novocheboksarsk wieder auf dem Heimweg. Wie kann man nur so verpeilt sein? Mittlerweile hören wir im Unterricht russische Volkslieder, wie z.​B. „Katjuscha“, „Kalinka“ oder „Podmoskovnije Wetschera“ (Moskauer Nächte). Mir gefallen diese Lieder sehr gut und man hört aus ihnen richtig die russische Seele heraus. Besonders die Lieder mit Balalaika und Ziehharmonika mag ich.
Mittlerweile ist der erfolglose Suchtrupp wieder zurück und der Unterricht kann weitergehen. Heute lernten wir u.​a.​, wie russische Wörter zusammengesetzt werden und wie man zwischen Adjektiven und den Nomen unterscheidet. Ich hatte das schon in der fünften Klasse… Leider konnten wir uns heute nach dem Unterricht nicht alle zusammen treffen, da die anderen weg mussten. So gingen nur Felizitas und ich zu mir nach Hause. Da meine Gastoma und meine Gastmutter nicht zuhause waren, mussten wir nicht unbedingt etwas essen, was nach den ganzen Tagen mit viel Essen auch mal gut getan hat.
Abends fuhr ich mit meinem Bruder in die Stadt an die Bucht. Wir kauften uns etwas zu essen und gingen in Richtung eines anderen Einkaufszentrums. Auf dem Weg dorthin kamen wir auch beim neuesten Gymnasium der Stadt, dem nur vier Jahre alten Gymnasium No. 5 vorbei. Mein Gastbruder erzählte mir, dass hier nur ziemlich schlaue Kinder und Kinder von bekannten und reichen Leuten in der Stadt zur Schule gehen würden. Der Unterschied zwischen meiner Schule und einem Gymnasium ist, dass man, laut meinem Bruder, viel mehr Hausaufgaben bekommt und dass der Unterricht hier viel strenger abläuft. Trotzdem ist der Lernstoff bei allen Schulen der gleiche. Zum Glück gehe ich nicht auf ein Gymnasium! Und obwohl das Gymnasium viel neuer und wahrscheinlich besser ausgestattet ist, gehe ich doch lieber in meine leicht verfallene, aber gemütliche Schule. Nachdem wir im Einkaufszentrum etwas herumgelaufen sind, fuhren wir wieder nach Hause.
Als ich mir im Badezimmer die Hände wusch, ist es mir erst überhaupt nicht aufgefallen: Das Wasser war wieder warm! Als ich meinen Bruder fragte, sagte er, dass es nur eine kleine Reparatur sei, für die das Wasser ausgestellt wurde. Dann kann ich mich ja morgen doch noch duschen!

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Jan Mathis Eckert




16. September 2013, 21:09

"Intensiver" Russischkurs

Meine Gastgeschwister waren schon seit einer Stunde aus dem Haus, als ich mich heute auf den Weg machte. Felizitas und ich trafen uns vor dem Haus und ich zeigte ihr den Weg zu meiner Schule. Wir kamen etwas zu spät an und die Frau an der Information – ja, so etwas gibt es hier in meiner Schule – sagte uns, wohin wir gehen sollten. Schließlich trafen wir auf alle anderen AFSer und die Wiedersehensfreude war natürlich groß. Jeder hatte irgendwie etwas zu erzählen. Obwohl der Türke Berkcan noch nicht da war, fingen wir schon mit dem Russischunterricht an. Ich hatte eigentlich erwartet, dass wir in Gruppen eingeteilt werden und dann Russisch nach unserem jetzigen Kenntnisstand lernen würden. Allerdings war es nicht so und wir wurden alle zusammen unterrichtet. Für den Großteil von uns war es echt langweilig, weil wir mit dem Alphabet anfingen. Ich hatte noch nie so richtig großen Wert auf Schönschrift gelegt, jetzt wurde es aber auf einmal gefordert. Danach machten wir Sprachübungen und uns wurde erzählt, wie wichtig die Betonung im Russischen sei. So mussten wir alle nacheinander die Wörter, die unsere Lehrerin an die Tafel schrieb, aussprechen. Mittlerweile war auch Berkcan gekommen. Keine Ahnung, warum er so spät war, denn die Verständigung mit ihm lief entweder über Zeichensprache oder man malte irgendetwas auf Papier. Obwohl der Kurs ja eigentlich intensiv sein sollte, hatten wir nur bis 12.​30 Uhr Unterricht. Der Japaner, Berkcan und die Chinesin, die übrigens Qingqing („Tsingtsing“) heißt, verabschiedeten sich schon und alle anderen gingen zusammen ins Madagaskar, wo wir uns etwas zum Essen und zum Trinken kauften. Danach setzten wir uns auf eine Bank und quatschten einfach über alles. Nur der Italiener Matteo und die Berlinerin waren etwas Außenseiter, weil sie die ganze Zeit rauchten. Etwa um zwei Uhr verabschiedeten wir uns alle. Nur Felizitas ging mit mir nach Hause, da bei ihr auch noch keiner war. Der Nachmittag war ziemlich witzig, da wir abwechselnd mit meiner kleinen Gastschwester spielten oder uns witzige Videos auf YouTube anguckten. Auch der Hund Pulka von unserem Nachbarn war wieder dabei. Um sieben Uhr brachte ich Felizitas, wie sich das für einen russischen Gentleman gehört nach Hause.
Abends spielte ich noch etwas mit meiner Schwester und dem Hund, der übrigens ein Chihuahua ist und dessen Kläffen einem schon auf die Nerven gehen kann.

Jan Mathis Eckert




15. September 2013, 21:25

Im russischen Freizeitpark

So ein Wochenende ist doch echt schön. Ich habe heute nochmal das wahrscheinlich letzte Wochenende genossen, an dem ich samstags keine Schule habe und bis zehn Uhr ausgeschlafen. Heute hatte ich einen Termin um 11 Uhr mit einer Ehrenamtlichen von AFS. Wir trafen uns in Madagaskar und sie fragte mich natürlich, wie es mir denn so gehe in Russland und ohne meine Familie. Mir geht es natürlich sehr gut und ich habe kein Heimweh. Dann gingen wir etwas um den Block und sie fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, bei einer Tour durch Tschuwaschien teilzunehmen, bei der wir von AFS unsere Länder in Schulen vorstellen. Das wird sicherlich interessant. Dann erzählten wir uns noch etwas über uns selber und verabschiedeten uns dann. In Madagaskar traf ich sogar noch Shota, den japanischen Austauschschüler. Wieder zuhause, erzählte mir mein Gastbruder, dass wir einen Ausflug machen wollen und ob ich nicht Felizitas fragen will, ob sie mitkommen will. Wir holten sie schließlich ab und fuhren gemeinsam in eine veraltete Ganzjahres-Kirmes im Stadtzentrum. Ich vertraute der Technik dort nicht so ganz und als mein Gastvater mir sagte, dass alles schon 50 Jahre alt sei, noch weniger. Schließlich fuhren wir dann doch mit einem Fahrgeschäft, wo eine Kabine Überschläge macht. Es knackte teilweise bedrohlich, aber zum Glück passierte nichts. Danach gingen wir weiter zu einem Autoscooter, in dem es genau drei Wagen gab. Wir fuhren auch damit. Irgendwann ging der Strom aus und die Frau an der Kasse regte sich darüber auf, dass wir auffuhren. Wozu ist denn dann so etwas da? Dass man im Kreis rumfährt? Die sind hier teilweise etwas komisch, die Leute. Dann gingen wir noch zu einer russischen Schießbude, die auch uralt war. Trotzdem gab es dort eine Szene mitten im Wilden Westen mit Saloon und Bar. Das war ja eigentlich ein Zeichen für den amerikanischen Kapitalismus und das haben die hier zu Zeiten der Sowjetunion hingebaut. Manchmal verstehe ich echt nicht die Logik dahinter.
Danach fuhren wir wieder nach Hause. Da wir nichts anderes zu tun hatten, schauten wir uns zuhause zusammen Comedy-Videos auf YouTube an. Später am Abend brachten wir Felizitas weg und gingen schließlich nach Hause. Morgen beginnt für mich und die anderen AFSler der intensive Russisch-Kurs in meiner Schule. Das wird witzig…

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Jan Mathis Eckert




14. September 2013, 22:26

Man spürt die unendlichen Weiten Russlands

Das Ausschlafen hat doch heute mal echt gut getan. Mein Bruder war schon seit sechs Uhr wach, da er sich für ein Stipendium für einen Schüleraustausch in die USA bewerben will. Ich blieb bis zehn Uhr liegen und musste mich dann auf einmal sehr beeilen. Ich hatte mich mit Felizitas, der Schweizerin, verabredet und sollte sie um kurz vor elf Uhr abholen. Da ich noch nicht gefrühstückt hatte und sie mir erst um halb zehn schrieb, musste alles sehr schnell gehen. Ich wollte eigentlich schon aus dem Haus gehen, aber dann wurde ich gefragt, ob ich denn schon gegessen hatte und als ich mit nein antwortete, musste ich noch etwas essen. Schließlich bin ich dann verspätet bei ihr angekommen. Ich hatte mich erst für 11:​30 Uhr wieder zuhause angemeldet, also hatten wir noch etwas Zeit um herum zu gehen. Wir gingen auf einen Spielplatz, obwohl man eigentlich nicht sagen kann, dass das ein richtiger Spielplatz ist, sondern viel mehr eine Art Sportplatz. So gab es, wie auch sonst, alle möglichen Trainingsgeräte und auch Sachen zum Hangeln und für Klimmzüge. Ansonsten gab es eine kleine Rutsche und dass war es dann an Spielgeräten. Danach gingen wir nach Hause und setzten uns bei mir und meinem Bruder ins Zimmer aufs Sofa und quatschten einfach. Schließlich kam mein Gastvater ins Zimmer und fragte uns, ob wir nicht alle zusammen ins Kino gehen wollen. Gesagt, getan. Wir fuhren also mit dem Auto mal wieder in ein riesiges Einkaufszentrum, in dem auch ein Kino war. Spätestens wenn man in Deutschland mit einer großen Tasche ins Kino kommt, muss man sie entweder öffnen und beweisen, dass da nichts Essbares drin ist, oder man muss draußen bleiben. Hier wird da nicht so genau drauf geachtet. Das Popcorn ist hier übrigens auch etwas anders. Wir haben in Deutschland ganz normal das Popcorn gezuckert, hier ist es sogar karamellisiert. Es hat sogar ganz gut geschmeckt. Dann gingen wir ins Kino und schauten uns „Ich einfach unverbesserlich 2“ auf Russisch an. Es war sicherlich nicht schlecht, dass ich es vorher schon in Deutschland gesehen habe, so konnte ich es zumindest verstehen. Mich wunderte auch, dass, obwohl der Film schon seit knapp zwei Monaten draußen war, dass ganze Kino bis auf den letzten Platz ausverkauft war. Kommen die Filme hier viel später raus als bei uns?
Der Film war, wie bekannt, sehr lustig und die Synchronisation war auch ziemlich gut. Nach dem Film fuhren wir erst bei McDrive vorbei, holten uns etwas zu essen und fuhren dann auf die andere Seite der Wolga. Dabei überquerten wir den Staudamm bei Novocheboksarsk und befanden uns nun in einer anderen Republik Russlands, genannt „Marij El“. Es war echt schön am Ufer der Wolga, vor allem diese Stille tat mal gut. Nachdem wir gegessen und ein bisschen rumgealbert haben und mit meiner Gastschwester gespielt haben, fuhren wir noch etwas am Staudamm entlang. Auf der aufgestauten Seite war die Wolga ca. 2 km breit und damit wesentlich breiter als Rhein und Elbe zusammen. Auch auf der anderen Seite war die Wolga noch mindestens einen Kilometer breit und dass noch einige tausend Kilometer vor der Mündung. Es war echt schön. Das Einzige, was störte, war das Kohlekraftwerk in Cheboksary. Heute habe ich auch zum ersten Mal so richtig begriffen, wie riesig dieses Land einfach ist und dass auf der anderen Seite der Wolga, soweit das Auge reicht, nur Wald ist (hier gibt es sogar noch viele Bären und Wölfe). Auf dem Rückweg fuhren wir noch in einen Russischen Hypermarkt. Ziemlich viele Sachen waren importiert und es war echt ziemlich witzig, wenn man zwischen den ganzen kyrillischen Buchstaben auf einmal deutsche Wörter erkannte. Echt komisch… Das Beste war die Abteilung für Bier. Überall gab es deutsches Bier, z.​B. Krombacher, Flensburger Pilsener und Andechser Hefeweizen. Sogar ein Bio-Bier aus einer Brauerei in Sonthofen war dabei!
Danach fuhren wir nach Hause und brachten schließlich alle gemeinsam Felizitas nach Hause. Das war doch echt ein schöner Tag!

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Jan Mathis Eckert




13. September 2013, 22:05

Vkontaktje - der Russische Gegenspieler von Facebook

Wie an jedem anderen Schultag wurde ich heute von meiner Gastmutter mit einem leisen „Dobroje Utra“ (Guten Morgen) geweckt. Ich wollte eigentlich noch nicht aufstehen, da das Bett so schön war und sich fast wie mein Bett in Deutschland anfühlte. Meine beiden Gastgeschwister gingen heute beide etwas früher als ich los. Den Grund habe ich auch nicht so richtig verstanden. Die erste Stunde war Geschichte und das Thema handelte irgendwie immer noch von Napoleon und seinem Russland-Feldzug. In der Stunde danach hatte ich wieder meinen privaten Russischunterricht. Am Anfang der Stunde traf ich auch noch die Deutschlehrerin in unserer Schule. Ihr Deutsch war ziemlich gut, obwohl sie einen starken Akzent hatte. Anders herum werde ich wahrscheinlich auch einen ziemlichen deutschen Akzent in meinem Russisch haben. Aber ich habe ja ein Jahr Zeit, das weg zu trainieren. Wir unterhielten uns etwas über meinen Wohnort in Deutschland, doch dann musste sie schon in ihren Unterricht gehen. Nachdem die Italienerin und ich wieder fleißig Russisch gelernt hatten, ging es für mich im Englischunterricht weiter. Ich bin mittlerweile so etwas, wie die rechte Hand unserer Englischlehrerin, die auch meine persönliche AFS-Betreuerin ist, und muss immer alle Fehler meiner Klassenkameraden korrigieren. Am Ende der Stunde musste ich sogar Noten verteilen, wie Klassenkameraden einen vorher auswendig gelernten Text vortrugen. Nach einer Stunde Tschuwaschisch und einer Stunde Geometrie, in der ich eine Aufgabe an der Tafel löste und alle mich bewunderten, wie ich das wohl gelöst haben könnte (ich weiß nicht, ob die wissen, dass man auch in anderen Ländern so etwas wie Geometrie hat), hatten wir eine Stunde mit unserer Klassenlehrerin. Es wurde darüber gesprochen, wie das Schuljahr ablaufen würde und welche Termine anstanden. Danach durften wir nach Hause gehen.
Im Laufe des Nachmittags überredete mich mein Gastbruder, dass ich mir doch endlich mal Vkontaktje (in Kontakt), eine Art Russisches Facebook holen sollte. Ich habe mich dann auch dort angemeldet. Mittlerweile hatten sich viele meiner Klassenkameraden bei Facebook angemeldet, nur um mit mir schreiben zu können. Ich war ziemlich überfordert, als ich auf einmal bei Facebook nur auf Russisch angeschrieben wurde und die ganze Zeit hörte ich dieses „Diding“ – „Du hast eine neue Nachricht“, was nach ein paar Minuten ziemlich nervig war. Trotzdem haben sie alle sehr nett geschrieben und eine Klassenkameradin schrieb jetzt schon, dass sie mich vermissen werde, wenn ich wieder weg bin. Hallo? Ich bin doch gerade erst angekommen und die denkt jetzt schon daran, wenn ich wieder weg bin. Außerdem hörte ich von anderen Klassenkameradinnen, dass jetzt endlich ein normaler Junge in der Klasse sei. Naja, was heißt normal, wenn man ein Auslandsjahr in Russland macht, muss man schon ein bisschen verrückt sein – wie auch alle anderen AFSler.
Dann übte ich Geige, um mich auf mein Vorspiel morgen vorzubereiten. Abends gingen wir wieder mit dem Hund Pulka spazieren. Er hat immer noch ziemliche Angst vor mir.

Jan Mathis Eckert




12. September 2013, 21:20

Umzingelt von kleinen Kindern

Was für eine stürmische Begrüßung! Als ich in der dritten Stunde nach dem privaten Russischunterricht und einer Stunde Englisch in die zweite Klasse kam, rannten auf einmal alle Kinder auf mich zu, umarmten mich und von überall her hörte ich nur „Privjet Jan“. Ich war ganz schön baff, als ich so überfallen wurde. Eigentlich hatte ich gehofft, mich unbemerkt in die Klasse zu schleichen und ungesehen auf meinen Platz zu setzen, ohne sofort der Mittelpunkt des Geschehens zu sein. Naja, so war das dann auch ganz schön. Die Stunde verlief normal und ich merkte, wie mein Kopf sich langsam der Tischoberfläche näherte und sich hinlegen wollte. Ich glaube, das geht jedem Austauschschüler am Anfang seines Jahres so, wenn er kaum etwas versteht. Aus Höflichkeit habe ich mich dann doch zusammengerissen und versucht zuzuhören. Es wäre ja schon ziemlich unhöflich, wenn ein Gastschüler, der Russisch lernen soll, mitten im Unterricht einschläft. Aber was ich ja so gehört habe, kommt das in anderen AFS-Ländern, zum Beispiel in Südostasien, öfters vor. In der Pause zwischen den beiden Stunden war ich wieder die Attraktion. Schon wieder wurde ich von fast der ganzen Klasse umarmt, was man sich etwa so vorstellen kann, dass ich wie ein Riese von einem Haufen kleiner Kinder fast überrannt wurde. Als dann die ganze Horde auf die Italienerin zu rannte und sie umarmte, wollte ich eigentlich schnell mein iPhone herausholen und davon ein Foto schießen… Zu spät: Einer hatte mein iPhone entdeckt und jetzt war das die Attraktion. Alle schauten neugierig zu, wie ich ihnen das Spiel „Subway Surfers“ zeigte. Danach trug ich mehrere Kinder, die mich dazu aufgefordert hatten durch die Klasse und musste sogar Pferdchen spielen, als mich vier oder fünf Mädchen an die Hand nahmen und mich durch die Klasse lenkten. Alles in Allem war es schon ziemlich lustig, ich war aber auch froh, als die Pausenglocke klingelte und alle wieder auf ihren Platz rannten und auf die Lehrerin warteten.
In der nächsten Stunde hatten wir Geographie und schon wieder war jemand an der Tafel, der irgendwie die Karte nicht verstand. Er versuchte, die ganze Zeit so zu tun, als ob er etwas wüsste, was aber nicht der Fall war. Wenn die Lehrerin mal gerade nicht da war, schaute er die Klasse hilfesuchend an, was zur Folge hatte, dass ein anderer Schüler an die Tafel ging, um ihm zu „helfen“. Es hat irgendwie nichts gebracht und die beide starrten die Russlandkarte an, als ob sie außerirdisch wäre. Dann wurden sie von der Lehrerin erlöst und durften gehen. Ich glaube, das macht eine zwei auf dem Zeugnis.
Die nächste Stunde nannte sich „OBJ“ („J“ wie in Journal). Ein Fach wie dieses gibt es in Deutschland nicht. Es ist so eine Art Fach für Katastrophenschutz, in dem man lernt, wie man Personen in gefährlichen Situationen hilft - theoretisch. Praktisch quatschten alle in der ganzen Stunde einfach nur rum. Dann war Schulschluss und wir durften gehen.
Heute war ich kaum zuhause, da wir schon ziemlich bald nach dem Essen zur Musikschule gingen. Mein Gastbruder stellte mir seinen Balalaika-Lehrer vor. Dieser erzählte mir von seinem Besuch in Berlin Anfang der 90er und sagte, wie pünktlich doch alle Busse seien (alles auf Russisch). Ich verstand fast alles, was er sagte. Dann kamen seine anderen Schüler, die zusammen mit meinem Gastbruder in einem klassisch russischen Ensemble spielen. Sie wollen sogar ein Experiment starten und mich versuchsweise mitspielen lassen. Geige mit Balalaika und Akkordeon hört sich sicherlich nicht schlecht an. Nach der Stunde gingen wir gemeinsam zur Musikschullehrerin, die uns dann weiter zur Geigenlehrerin brachte. Als ich sagte, dass ich schon neun Jahre Geige spiele, schauten mich irgendwie alle mit großen Augen an. Ich hoffe jetzt mal, dass die nicht erwarten, dass ich perfekt Geige spiele. Meinen ersten Probeunterricht werde ich jetzt am Samstag haben. Meine zukünftige Geigenlehrerin sagte auch, dass der Unterricht kostenlos sei, da ich ein Ausländer bin. Das war sehr nett von ihr, ich werde aber trotzdem was bezahlen, da ich mir nicht vorstellen kann, dass die hier so viel verdienen.
Danach waren wir kurz zuhause und gingen sofort wieder los. Wir holten Kartoffeln aus der Garage und gingen dann weiter zum Einkaufszentrum Madagaskar, wo wir uns mal wieder einen Bubble-Tea gönnten. Er schmeckte sogar besser als gestern, allerdings immer noch ziemlich künstlich.
Wieder zuhause gab es mal wieder ein richtig leckeres Abendessen. Danach musste ich meine Hausaufgaben machen.

Jan Mathis Eckert




11. September 2013, 21:33

Langsam lebt man sich ein

Der Tag fing heute ja mal sehr vielversprechend an: die Sonne schien. Allerdings muss ich schon sagen, dass es schon ziemlich herbstlich draußen ist und es morgens auch schon viel kälter ist als noch vor zwei Wochen.
In der ersten Stunde hatte ich wieder Russisch mit meiner kleinen Schwester. Mittlerweile werde ich von meinen kleinen Klassenkameraden auch außerhalb des Unterrichts gegrüßt. Das ist immer dann besonders witzig, wenn ich mit meinen „großen“ anderen Klassenkameraden durch den Flur laufe und dann auf einmal eine hohe, fiepsige Stimme neben mir sagt „Privjet Jan“ (Hallo Jan).
Im Gegensatz zu meinem Unterricht in der achten Klasse ist der in der zweiten ziemlich streng. So müssen zum Beispiel alle Kinder aufstehen, wenn sie eine Antwort sagen wollen. Meistens spricht aber die Lehrerin und dann müssen alle aufmerksam zuhören. Besonders süß finde ich aber, dass alle Kinder ihre Schuluniform tragen. So ein kleiner Anzug passt halt nicht zu einem kleinen, verspielten Achtjährigen und das sieht dann für mich schon komisch aus.
In der zweiten Stunde hatten wir wieder Geschichte. Das Thema der gesamten Stunde handelte von der Geschichte in Russland am Anfang des 19. Jahrhunderts. Das Ziel der Stunde war es, das wir am Ende einen kurzen Test über das Gesagte schreiben sollten. Einige Antworten konnte ich selbst beantworten, bei anderen half mir mein Sitznachbar. Im Gegensatz zu meinem Sitznachbar wusste ich auch, dass Zarin Katharina die Große Deutsche war und er wollte mir es einfach nicht glauben, bis ich schließlich unsere Geschichtslehrerin fragte, die mir Recht gab. Als sie von mir hörte, dass ich doch schon etwas Russisch sprechen kann, quatschte sie mich sofort voll und ich verstand mal wieder nur Bahnhof. Wieder griff ich auf die Taktik zurück immer nett lächeln und wenn man fragend angeblickt wird lächelnd mit „Da“ (Ja) antworten. Es funktionierte fast immer – auch dieses Mal.
Neben den anderen Fächern hatte ich heute auch mal wieder Technologie. Wir waren heute in einem anderen Raum als letzte Woche und mir fiel sofort auf, dass alle Geräte ziemlich veraltet waren und sicherlich nicht mehr unseren Sicherheitsstandards entsprachen. Aber was soll’s – so lange es funktioniert. So langsam beginne ich auch die Mentalität hier zu begreifen…
Der Unterricht verlief, wie erwartet, chaotisch. Man schlug mit den Hämmern auf die Tische ein, versuchte mit den Meißeln Metallplatten zu durchtrennen und so weiter. Der Lehrer versuchte etwas zu erklären, was aber auch nicht so richtig funktionierte. Er wandte sich die ganze Zeit an mich, da ich so mit ein paar anderen der Einzige war, der mitarbeitete. Nach der Stunde war endlich Schulschluss.
Nachmittags fuhr mein Gastbruder mit mir in die Stadt. Wir wollten eigentlich in die Sauna gehen, was aber aus irgendeinem Grund nicht klappte. Ich fragte auch zum ersten Mal eine Passantin nach dem Weg. Sie verstand mich und antwortete mir, was ich allerdings wieder nicht verstand. Zumindest wusste ich, in welche Richtung wir gehen und das wir an einer Apotheke rechts abbiegen sollten. Klappt doch!
So trafen wir also meinen Gastvater beim Sport. Er spielt Volleyball mit anderen Männern zusammen und das auch ziemlich gut, wie ich das gesehen habe. Auf dem Rückweg hob ich auch erstmals Geld ab. Es funktionierte alles einwandfrei und ich bekam meine 4000 Rubel (92 €). Komisch, ich fühlte mich auf einmal ziemlich reich mit den ganzen 1000ern in der Hand. An der Bushaltestelle hatten wir allerdings Pech: es war Hauptverkehrszeit und alle Trolleybusse und Marschrutkas waren voll. So blieb uns nichts anderes übrig, zu Fuß nach Hause zu gehen. Im Einkaufszentrum „Madagaskar“ kauften wir uns dann noch einen Bubble-Tea. Normalerweise trinke ich diese pure Chemiebrühe nicht, da ich aber einfach nur durstig war, sagte ich nicht nein.
Dann waren wir, fertig vom langen Laufen, endlich zuhause.

Jan Mathis Eckert




10. September 2013, 22:22

Apfelkuchen zum Abendbrot

Ich glaube heute ist so mein liebster Schultag. In den ersten drei Stunden hatte ich erst Russisch mit der zweiten Klasse, dann Russisch mit unserer AFS-Betreuerin und dann wieder Russisch mit der zweiten Klasse. In der Privatstunde Russisch nahmen wir wieder Themen durch, die weit hinter meinem Wissensstand waren. Ich sagte das auch am Ende der Stunde unserer AFS-Betreuerin. Sie will mir ab der nächsten Stunde Extraaufgaben geben. Ich soll jetzt auch ein Gedicht auswendig lernen, das ich am Tag des Lehrers, der gleichzeitig von AFS irgendein Feiertag ist, (so wie ich das verstanden habe) aufsagen soll. Wenn ich mittlerweile Russische Texte lese ist meine Aussprache auch viel besser als am Anfang. So langsam gewöhnt man sich daran, wie hier die Aussprache ist. Nach diesen drei Stunden ohne mein Klasse, hatte ich wieder Chemie. Die Lehrerin war schon von Anfang an schlecht gelaunt und wurde richtig wütend, als keiner die Aufgabe gemacht hat, im Internet nach der Mendeleev-Tabelle zu suchen. Ich fragte meinen Gastbruder, warum wir uns nicht einfach das PSE im Chemiebuch anguckten, er hatte auch keine Ahnung. Weil keiner im Internet nachgeguckt hatte, bekamen alle eine zwei. Alle mussten ihr Unterrichtstagebuch rausholen und die Lehrerin schrieb eine große zwei auf die betreffende Seite. Als sie zu mir kam, fragte sie mich, wo ich das Tagebuch habe. Sie hatte offenbar vergessen, dass ich Ausländer war und als ich schließlich sagte, dass ich es noch nicht habe, warf sie mir einen ziemlich bösen Blick zu und ging weiter. Ich glaube, damit habe ich schon einmal ein Fach, das ich nicht wähle. Im Rest der Stunde mussten alle möglichen Schüler an die Tafel kommen und die Elementensymbole der ersten bis dritten Schale zu den jeweiligen Namen aufschreiben, die die Lehrerin sagte. So konnte man seine Note zumindest etwas verbessern. Den Sinn von dem Auswendiglernen des Periodensystems ohne Beachtung der Ordnungszahlen und der Atommasse kann ja jeder selbst beurteilen…
In der nächsten Stunde hatten wir Mathe. Der Unterricht läuft hier übrigens so ab, dass die Lehrerin hinter ihrem Pult sitzt und die Schüler nacheinander an die Tafel kommen und Aufgaben hinschreiben. Die restlichen Schüler schreiben sie entweder ab, rechnen selber weiter oder machen – wie ein Großteil der Klasse - nichts. Am Ende der Stunde war Kopfrechnen angesagt. Die Lehrerin warf Aufgaben in den Raum und meistens antwortete die Klasse binnen einer Sekunde. Ich war schon am Verzweifeln, als ich die Russischen Zahlen ins Deutsche übersetzte und gab es schnell auf mitzurechnen, da es sinnlos gewesen wäre und ich die Antwort sowieso erst 15 Sekunden später gewusst hätte.
Einen Vortrag zu hören ist nicht immer schön, besonders nicht, wenn er in einer fremden Sprache gehalten wird! In der darauffolgenden Stunde hielt eine Schülerin aus der elften Klasse einen Vortrag über ihr Auslandsjahr in den USA und das Austauschprogramm FLEX. Ich musste mich echt zusammenreißen um nicht einzuschlafen, denn das monotone Gebrabbel machte mich ziemlich schläfrig. Wenn ich Russisch verstehen könnte, wäre der Vortrag sicherlich ziemlich interessant gewesen, aber so wartete ich einfach nur darauf, dass die Folien beim PowerPoint-Vortrag wechselten. Schließlich war auch das geschafft und wir durften nach Hause gehen.
Mein Gastbruder und ich aßen erst und fuhren dann mit der Marschrutka in Richtung Stadtzentrum um dort seinen Pass abzuholen. Nach vielen Besuchen bei dem zuständigen Büro hatte er endlich sein langersehntes Stück. Danach gingen wir noch durch einen der Süßigkeitenläden, wobei ich entdeckte, dass Russische Süßigkeiten echt billig sind. Leider hatten wir nicht genug Geld uns etwas zu kaufen und ich war auch nicht richtig hungrig auf die ziemlich süßen Leckereien. Wieder zuhause bekam ich eine SMS von der Schweizerin. Sie wollte sich eigentlich um 4 Uhr mit mir treffen, damit ich ihr meine Schule und die Musikschule zeigen konnte. Es war mittlerweile aber schon fünf und ich bekam ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht auf mein Handy geguckt habe. Schließlich konnten wir uns doch noch treffen, da sie in der Zeit, in der ich nicht da war ins Einkaufszentrum gegangen war. Ich zeigte ihr meine Schule und die Musikschule, in der ich bald Geigenunterricht nehmen werde und sie zeigte mir auch ihre Schule. Das verrückte dabei ist, dass alle Schulen exakt gleich aussehen. Zumindest die, die etwa um die gleiche Zeit gebaut wurden. Auch die Wohnblöcke sehen ziemlich gleich aus und das ist es was mich beunruhigt: wenn man sich abends im Winter mal verläuft, wie findet man dann nach Hause? Ihre Gastmutter hatte darauf bestanden, dass ich sie nach Hause bringe, was ich auch tat. Auf dem Rückweg trafen wir sogar noch den Austauschschüler aus Japan – was für ein Zufall!
Danach ging ich wieder nach Hause. Zum Abendessen gab es heute Apfelkuchen. Ich meine, warum nicht? Ist mal was Anderes und besonderes dann, wenn er auch noch total lecker schmeckt.

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Jan Mathis Eckert



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